Silke Jaeger

Freie Journalistin und Texterin für Gesundheitsinformationen, London

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Wie sehr schadet die Pille? - erklärt mit mehr als 70 Studien

Die Diskussionen um die Pille werden immer lauter, und immer mehr Frauen entscheiden sich gegen sie. Aber was ist wirklich dran an der Kritik? Und wie kannst du eine gute Verhütungsmethode wählen? Das beschreibe ich in diesem Text, mithilfe von 79 Studien.

Die Pille ist seit Jahrzehnten DAS Verhütungsmittel schlechthin, nicht ohne Grund: Mit ihr sind Frauen in die Lage versetzt worden, selbst darüber zu bestimmen, ob sie schwanger werden wollen oder nicht. Doch vielleicht schwingt die generelle Begeisterung gerade ins Gegenteil um. Immer mehr Frauen in Deutschland sehen die Pille zunehmend kritisch und stören sich an den negativen Nebenwirkungen.


Früher haben sie diese eher schulterzuckend zur Kenntnis genommen – oder stießen bei Ärzten, die sie nach Alternativen fragten, auf Unverständnis – aber immer öfter setzen sie die Pille nun wegen genau dieser Nebenwirkungen ab.


Durch Videos und Postings in sozialen Netzwerken sind Frauen sensibler geworden für die Probleme, die schon lange mit der Pilleneinnahme verknüpft werden. Auf YouTube erzählen zum Beispiel weibliche Stars reihenweise, warum sie die Pille abgesetzt haben:


„Krass, ich nehme die, seit ich 15 bin, 7 Jahre jetzt. Irgendwann habe ich gemerkt, dass ich ständig Kopfschmerzen habe, total launisch bin und innerlich dauernd auf 180.“


„Jeder weiß ja, dass Hormone nicht gesund sind. Und außerdem machen Ärzte damit so viel Geld!“


„Ich habe dauernd weiter zugenommen, bis mir auffiel, dass das mit der Pille zu tun haben muss.“


So oder so ähnlich hört sich das an. Doch diese Statements verzerren die Tatsachen, wie wir später sehen werden. Interessant ist auch, was die YouTuberinnen stattdessen nehmen: Nicht selten die Hormonspirale, manche schwören auf Kupferspiralen, andere auf Zyklus-Computer oder Apps, mit denen man die fruchtbaren Tage leichter bestimmen kann, ein paar wenige machen sich auch für Kondome stark. Viele bekommen diese Pillenalternativen von den Herstellern, für die das natürlich Werbung bedeutet, kostenlos zur Verfügung gestellt. Manche sagen das auch in ihren Videos.


Mit der Erfindung von Zyklus-Apps und -Computern, wie zum Beispiel Daysy oder Clue steigt auch die Beliebtheit von natürlichen Verhütungsmethoden. Die Beobachtung des eigenen Zyklus ist mit ihnen einfacher geworden. Das passt zum Lebensgefühl von modernen, unabhängigen, gesundheitsbewussten Frauen. Die Werbung für solche Geräte und Apps stellt die dazu passenden Botschaften in den Mittelpunkt, zum Beispiel so: „Dein Zyklus nimmt auf so ziemlich alles Einfluss. Wir helfen dir, dich besser kennenzulernen und deinen Zyklus zu verstehen.“


Das trifft einen Nerv.


Der Nebeneffekt kann jedoch sein, dass mehr Frauen zu einer Denkabkürzung neigen: Pille ist gleich Chemie ist gleich böse. Dazu tragen auch Berichte über unlautere Marketingmethoden von Pillenherstellern bei. Oft stehen sie sogar im Mittelpunkt der Kritik und nicht die Pille selbst.


Mich interessierte, was an der Pillenkritik dran ist und was die Wissenschaft zu den Nebenwirkungen der Pille wirklich sagt. Deshalb habe ich mich auf die Suche nach medizinischen Fakten gemacht, Studien gelesen, mit Frauen, Frauenärztinnen und der Beratungsstelle „Pro Familia“ gesprochen, (hier beschreibe ich meine genaue Vorgehensweise). Herausgekommen ist dieser Text, auf sechs Faktoren gehe ich ein. Ich hoffe, dass er beim Beantworten der wichtigen Frage hilft: Pille ja oder nein?


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