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Mick Schumacher: Schumi-Sohn zieht Bilanz nach erster Formel 1-Saison

Mick Schumacher (22): Wenn man sich nicht die Ergebnisse, sondern nur die Entwicklung von Wochenende zu Wochenende anschaut, finde ich, dass es gut lief.

Gut ist eine Note 2.

Ja, das würde ich unterschreiben. Ich bin zufrieden mit der Arbeit, die wir für das erste Jahr geleistet haben. Klar ist aber auch: Wenn man sich die Resultate anschaut, muss die kommende Saison besser werden.

Fiel Ihnen der Schritt in die Formel 1 leichter, weil Sie früher schon als Kind in der Boxengasse dabei waren, als Ihr Vater Michael fuhr?

Ja, ich muss sagen, dass ich sehr gut vorbereitet war. Das hängt natürlich auch mit meiner Kindheit zusammen. Ich war schon damals in Meetings meines Vaters dabei und kannte die Abläufe eines Fahrers am Rennwochenende. Aber natürlich habe ich trotzdem viele neue Dinge gelernt.

Zum Beispiel?

Ich habe ein viel größeres Verständnis für die Reifen bekommen. Das ist ein Prozess, den jeder junge Fahrer durchmacht. Man kriegt mit jedem Training und jedem Rennen ein besseres Gespür dafür, wie weit man sie ans Limit bringen kann und die Reifen trotzdem möglichst lange halten.

Was war ganz anders, als Sie es erwartet hatten?

Ich hätte gedacht, dass die Formel 1 noch viel stressiger ist. Selbst der Donnerstag, an dem wir Fahrer viele Interview-Termine und Pressekonferenzen haben, ist okay. Auch der Unterschied bei den Reisen im Vergleich zu den Nachwuchsklassen (größtenteils Europa; d. Red.) ist überschaubar. Ob es ein kurzer Flug oder eine lange Reise um die halbe Welt ist, macht für mich keinen so großen Unterschied. Ich kann sowieso ganz gut im Flugzeug schlafen.

Was war die wichtigste Lektion, die Sie gelernt haben?

Diese eine Kollision oder den einen Ausfall, der mich geschockt hat, gab es nicht. Ich habe mich im vergangenen Jahr durch diverse Situationen weiterentwickelt. Fahrerisch und persönlich. Ich bin nicht mehr der gleiche Mick wie vor der Saison. Aber ich bin auch nicht mehr der gleiche Mick wie gestern. Ich entwickle mich stündlich weiter. Am meisten nehme ich durch Situationen auf der Strecke mit.

Vergrößern Schumacher (r.) und Vettel ver­stehen sich trotz zwölf ­Jahren Altersunterschied prächtig, sind im Fahrerlager oft zusammen zu sehen

Geben Sie uns ein Beispiel!

Das Rennen in Ungarn war ein Höhepunkt. Sich mit Lewis Hamilton und Max Verstappen um Punkte zu duellieren und sie nicht nur überrunden zu lassen, das war ein tolles Gefühl. Besonders der Zweikampf mit Max, in dem wir Rad an Rad durch die Kurve gegangen sind. Da lernt man, wie hoch das Level in der Formel 1 ist. Solche Duelle will ich in Zukunft häufiger haben! Leider hatten wir dieses Jahr nicht das Auto dafür.

Wie wichtig ist Sebastian Vettel für Sie bei dem Lernprozess?

Er ist mit Esteban Ocon mein engster Vertrauter im Fahrerfeld. Sebastian hilft mir viel. Seb ist für mich der Mentor, der mein Vater für ihn war. Zeit mit ihm zu verbringen ist schön. Wenn wir nicht zu lange in der Garage sind, gehen wir abends gemeinsam essen. Er hat in seinen 15 Jahren in der Formel 1 mittlerweile ein ganz gutes Netzwerk an Restaurants aufgebaut. Auch da lerne ich viel von ihm (lacht).

Sie haben Ihren Teamkollegen Mazepin die ganze Saison über beherrscht und von 22 Qualifiying-Duellen 20 gewonnen. Nur im Stallduell zwichen Gasly und dem Japaner Tsunoda bei Alpha Tauri (21:1) war die Bilanz noch deutlicher. Viele Experten sagen, dass Sie sich mit einem stärkeren Teamkollegen noch viel mehr hätten entwickeln können. Stimmen Sie zu?

Das Team hat vor der Saison die Entscheidung getroffen, mit zwei jungen Fahrern in die Saison zu gehen, und da stehe ich hinter.

Auch Sie leisteten sich Fehler, zuletzt in Saudi-Arabien, als Sie ausschieden ...

... und das ist auch gut so bei einem Fahrer, der seine erste Saison fährt! Fehler lassen mich das Auto noch einmal besser verstehen. Deswegen bin ich froh um jeden Fehler, den ich gemacht habe, auch wenn sich das seltsam anhört. Das war eine Lehr-Saison für mich. Jeden Fauxpas aus dieser Saison werde ich kommende Saison nicht mehr machen. Zumindest hoffe ich das. Denn dann wollen wir nicht mehr nur hinterherfahren, sondern angreifen.

Vergrößern Lehrling und Meister: Vettel (l.) schaute sich in seinen ersten Jahren viel bei seinem Idol ­Michael Schumacher ab

Was ist durch das neue Reglement für Haas drin?

Ich erhoffe mir einiges. Wir wollen ein konkurrenzfähiges Auto, um regelmäßig im Kampf um Punkte mitzumischen. Dafür müssen wir konstanter sein. Unser Ziel ist es, auch mal im Qualifying im oberen Drittel von Q2 oder sogar unter die Top 10 zu kommen.

Ihr Vertrag läuft 2022 aus. Geht es in der nächsten Saison darum, sich für ein Top-Team zu qualifizieren?

Es geht prinzipiell für jeden Fahrer immer darum, sich weiterzuentwickeln und sich für ein Top-Team zu empfehlen.

Jean Todt, der mit Ihrem Vater fünf Titel bei Ferrari gewann, steht vor einer Rückkehr zur Scuderia. Wäre das ein Vorteil für Sie als Ferrari-Förderfahrer?

Das müssten Sie Jean Todt fragen, falls das so käme. Aber es ist sicher kein Nachteil, zu jemandem mit diesem Wissen und dieser Erfahrung einen direkten Draht zu haben. Jean hilft mir seit Jahren sehr viel.

Wann schreiben wir die Zeile: ­„Mega-Mick holt erste Punkte in der Formel 1!"?

Hoffentlich gleich im ersten Rennen der nächsten Saison!

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