1 Abo und 1 Abonnent
Artikel

Formel 1: Hat Rennleiter Masi Mercedes den Titel geklaut?

Der Australier Michael Masi ist seit März 2019 Rennleiter der FIAFoto: Getty Images

„Verstappen wird in einem der umstrittensten Schlussakte des Sports zum Weltmeister gekrönt. Für die Formel 1 ist es zur Gewohnheit geworden, sich selbst in den Fuß zu schießen, doch dieses Mal benutzte sie einen Raketenwerfer."

So wie die „The Sun" schäumt die britische Presse über die Niederlage von Lewis Hamilton (36) gegen Max Verstappen (24) und die umstrittene Entscheidung der Rennleitung vor der letzten Runde.

BILD beantwortet die wichtigsten Fragen nach dem unglaublichen Formel-1-Finale von Abu Dhabi.

► Hat Rennleiter Michael Masi (42/Australien) Hamilton den achten WM-Titel geklaut?

Zumindest nicht mutwillig. Aber am Ende entschied eine umstrittene Ansage der Rennleitung über den WM-Titel. Was war da los?

Während der Safety-Car-Phase kurz vor Schluss kam es zu zwei Ansagen von Masi: Die fünf schon überrundeten Autos, die zwischen Hamilton in Führung und Verstappen auf Platz zwei fuhren, sollten zunächst nicht überholen, sondern bleiben, wo sie waren - Vorteil Hamilton, weil er einen Puffer gehabt hätte.

Dann änderte er seine Meinung. Die Strecke sei frei, und die Überrundeten sollten doch überholen und sich hinten wieder auffädeln - Vorteil Verstappen. Und eben nur diese fünf und nicht das gesamte überrundete Feld.

Lewis Hamilton hinter dem Safety-Car. Hinter dem schwarzen Mercedes: Lando Norris im McLaren, der eine ganze Runde langsamer war als Hamilton und wie vier andere Boliden überrundet hinter Hamilton klebteFoto: GIUSEPPE CACACE/AFP

Dazu entschied Masi, eine Runde früher als üblich, das Rennen wieder zu eröffnen. Durch beide Entscheidungen blieb Verstappen Zeit, nach Ende der Safety-Car-Phase Hamilton zu überholen - und den Titel zu gewinnen.

Hätte Masi, wie es in den Regeln steht, alle Autos überholen lassen, wäre das Rennen vermutlich unter dem Safety-Car zu Ende gegangen - und Hamilton wäre Weltmeister. Masi wollte das Rennen nicht hinterm Safety-Car beenden. Als Rennleiter durfte er das selbst entschieden. Das erlaubt das Reglement.

Ex-Weltmeister Damon Hill (61) wirft Red Bull vor, den Rennleiter „überredet" zu haben.

Bernie Ecclestone (91) zu BILD über Masi: „Er war in vielen Fällen mit seinem Job die ganze Saison überfordert und hätte ihn vielleicht gar nicht haben sollen. Aber es war die richtige Entscheidung, die beiden racen zu lassen."

Rennleiter Michael Masi verließ 18 Minuten vor Mitternacht mit Rollkoffer und Täschchen die Strecke. Ein Statement gegenüber BILD lehnte er höflich abFoto: Silja Rulle

► Hat Mercedes es selbst verbockt?

Toto Wolff (49) und sein Mercedes-Team gingen auf Nummer sicher, doch am Ende war Verstappen einfach schneller. Unterm Safety-Car rückt das Feld zusammen, Boxenstopps kosten weniger Zeit. Die Chance nutzte Red Bull, wechselte Verstappens Reifen. Mercedes nicht.

Zu diesem Zeitpunkt war unklar, wie das Rennen endet: hinter dem Safety-Car, also bei Überholverbot. Oder doch mit offenem Racing?

Red Bull hatte als Zweiter nichts zu verlieren, setzte alles auf eine Karte, verschaffte Verstappen den Reifen-Vorteil. Mercedes hätte mit einem Hamilton-Stopp die Führung und damit den sicheren Sieg riskiert, falls das Rennen unterm Safety-Car geendet hätte.

► Ist Mercedes ein schlechter Verlierer?

Red-Bull-Motorsportchef Helmut Marko (78) bezeichnete Mercedes als „unwürdige Verlierer". Das Anfechten des Ergebnisses wird von vielen Seiten als unnötig und unsportlich betrachtet. Aber: Red Bull hätte als Verlierer wohl auch protestiert.

Auch wenn Toto Wolff nach Rennende öffentlich schwieg, gratulierte er Verstappen per WhatsApp. Der Holländer: „Er hat mir geschrieben, dass ich es verdient habe." Auch Hamilton sprach seine Glückwünsche aus. Verstappen: „Lewis ist ein großer Sportsmann."

► Ist Verstappen formell überhaupt Champion?

Ja. Das Rennergebnis des Abends ist offiziell final. Durch den Einspruch von Mercedes könnte sich daran aber noch etwas ändern.

► Wie geht es weiter?

Mercedes kündigte (wie in den Regularien vorgesehen) eine Berufung an. Pikant: Die 96-Stunden-Frist läuft ausgerechnet am Abend der Fia-Gala in Paris ab, bei der der WM-Pokal überreicht werden soll. BILD-Experte Christian Danner (63) glaubt nicht an einen Erfolg.

Gehen sie in Berufung, ist das Fia-Gremium International Court of Appeal zuständig. Das Urteil könnte sich wochenlang hinziehen.

Gibt es etwa 2022 einen anderen Weltmeister 2021?
Zum Original