Ich und mein... Wir haben nachgefragt,
was junge Menschen in der Lehre, im Studium, im Beruf oder in ihrer
Freizeit machen.
Mein Mars
Sophie Gruber (22) ebnet den Weg zum Roten Planeten
"Schon als Kind wollte ich zu entfernten Sternen reisen und wissen, wie das Universum beschaffen ist. Diesem Wunsch gehe ich – neben meinem Physikstudium – seit mehr als drei Jahren nach. Ich arbeite als Projektleiterin und Vorstandsmitglied beim Österreichischen Weltraum-Forum. Das ist ein Verein von Weltrauminteressierten, internationalen Raumfahrtexperten, Ingenieuren und Wissenschaftern, die im Raumfahrtsektor, bei der Europäischen Weltraumorganisation Esa oder bei der Nasa arbeiten und sich in der Freizeit ehrenamtlich engagieren, um den Weg zum Mars zu ebnen. Dafür machen wir sogenannte Marssimulationen. Wir testen auf der Erde unter marsähnlichen Bedingungen die Ausrüstung wie etwa Raumanzüge, Arbeitsabläufe und wissenschaftliche Experimente, die man braucht, wenn in zwanzig bis dreißig Jahren Menschen auf den Roten Planeten fliegen werden. So wollen wir erfahren, wie man beispielsweise am besten reagiert, wenn etwas nicht nach Plan läuft. Denn auf dem Mars ist es schwierig, rasch Lösungen zu finden. Man kann nicht anrufen, denn ein Signal von der Erde bis zum Mars und retour dauert 20 Minuten. Da kann einiges schiefgehen. Um möglichst echte Bedingungen für unsere Simulationen zu haben, suchen wir uns Stellen auf der Erde, die dem Mars ähnlich sind. Unsere letzte Mission fand im Februar in der Wüste im Oman statt. Fünf sogenannte Analogastronauten, das sind Astronauten, die nur für die Forschung so tun, als wären sie im Weltall, haben dort einen Monat in Isolation gelebt. Ich habe das Team im Feld, gemeinsam mit zwei anderen, von unserer Zentrale in Innsbruck aus geleitet, alles organisiert. Im Oman haben wir eine Software für die kamerabasierte Navigation einer Drohne getestet, weil es auf dem Mars ja kein GPS gibt. Diese Software wird im Jahr 2020 von der Nasa an Bord eines Mars-Copters bei einer Mission eingesetzt werden. Da sieht man, dass in Österreich viel Potenzial steckt, um einen Teil zur astronautischen Raumfahrt zum Mars beizutragen."
Mein Studium
Benjamin Hadrigan (16) studiert neben der Schule
"Wenn meine Klassenkollegen nach der Schule nach Hause gehen oder Freunde treffen, gehe ich zur Vorlesung. Seit vergangenem Wintersemester studiere ich als außerordentlicher Hörer Wirtschaftsrecht an der Wirtschaftsuniversität in Wien. Die Entscheidung habe ich getroffen, weil mir in der Schule meistens langweilig ist und ich nicht die restlichen drei Jahre bis zur Matura nur Dinge lernen wollte, die mich nicht interessieren oder die mir später nichts bringen. Ich möchte später als Wirtschaftsanwalt arbeiten. Geografie und Wirtschaftskunde ist mein Lieblingsfach, Recht finde ich interessant, mein Vater ist Anwalt. Also habe ich mich an der WU erkundigt, anschließend ein Vorstellungsgespräch geführt, meine Noten gezeigt, und nachdem meine Direktorin einverstanden war, durfte ich Vorlesungen besuchen. Aktuell bin ich in der Studieneingangsphase, meine erste Betriebswirtschaftsvorlesung habe ich bereits absolviert. Allein für diese Prüfung musste ich ein Skript von 450 Seiten lesen. Ich dachte nur: 'Oh Gott', als ich das gehört habe. Zwei Wochen habe ich mich vorbereitet, was mir leicht fiel, da ich mir den Stoff besser merken konnte, weil es mir Spaß macht. Wenn ich nicht weiterwusste, habe ich Studierende aus höheren Semestern um Rat gefragt – obwohl sie mindestens fünf Jahre älter sind als ich –, manchmal auch den Professor im Hörsaal, oder ich habe mich in WU-Whatsapp-Gruppen ausgetauscht. Bei der Prüfung war ich sehr nervös, ich habe gezittert, am Ende wurde es ein Zweier. Die Noten von den Prüfungen zählen aber erst, wenn ich mich richtig, also mit der Matura, für das Studium einschreibe. Bis dahin möchte ich so viele Lehrveranstaltungen wie möglich bereits erledigt haben, um unter der Mindeststudienzeit von fünf Jahren abzuschließen. Natürlich ist das stressig, es gibt viel zu tun. Ich bin fünf Tage die Woche in der Schule, dreimal am Nachmittag im Hörsaal. Für mich hat die Schule trotzdem Priorität, weil ohne sie bringt mir das Studium nichts. Dennoch habe ich wegen der Uni schon im Unterricht gefehlt. Manchen Lehrern ist das egal, und die unterstützen mich genauso wie meine Schulkollegen. Andere Lehrer reden dann schlecht über mich und sagen, ich schaffe das nicht oder ich solle mir nichts einbilden. Dabei mache ich ja nichts Verbotenes, sondern studiere und schreibe nebenbei gute Schularbeiten und Tests. Dass ich wenig Freizeit habe, stört mich derzeit nicht, ab und zu gehe ich boxen und treffe Freunde. Meinen Eltern wäre es lieber, wenn ich einen Gang runterschalte, mein Leben genieße, mehr Party machen würde. Anfangs waren sie skeptisch, mittlerweile konnte ich sie überzeugen, dass ich im Studium mein Hobby gefunden habe. Wenn ich alles für die Schule und die Uni erledigt habe, gehe ich abends auch aus. Und die Zeit gönne ich mir dann."
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