Vor 20 Jahren begegnete unser Autor dem einzigen Fußballtrainer, der von Training nicht viel hielt - und spielte die Saison seines Lebens. Doch mehr als seinen Spitznamen erfuhr er nie. Ein Wiedersehen im Zigarillorauch.
Als ich Fanta zum ersten Mal traf, hatte ich wirklich andere Probleme. Mein bester Freund hatte mich mit einer Holzlatte am Auge erwischt, Blut floss, meine Mutter entschied, mich ins Krankenhaus im Nachbarort zu fahren. Doch als wir auf die Landstraße abbogen, stand dort dieser Kerl mit Schnurrbart und rausgestrecktem Daumen. Ganz bestimmt trug er schon damals Goldkettchen und sein Hemd offen. Mutter hielt, er stieg ein, wir fuhren weiter. Warum muss die jetzt diesen Kerl mitnehmen?, dachte ich. Es geht um mein Augenlicht. Lass mal sehen, sagte er. Warum das denn bitte? Widerwillig nahm ich den Kühlbeutel beiseite. Ich war froh, als er nach ein paar Kilometern wieder ausstieg.
Ein oder zwei Jahre später wurde der Mann, der sich mein Auge nur ansehen wollte, um sich mein Auge anzusehen, wurde Fanta mein Trainer für diese eine, diese beste Saison aller Zeiten. Die Saison, die den Rest meiner elfjährigen Karriere im unbezahlten Jugendfußball auf ewig in den Schatten stellen wird. Und jetzt sitze ich ihm gegenüber in seiner Küche, das erste Wiedersehen, zwanzig Jahre später. Auf dem Tisch liegen zwei große leere Butterbrotdosen. Fanta trägt Kapuzenpulli, der Schnurrbart ist ergraut. Er raucht Zigarillo, was die Luft auch nicht mehr schlechter macht. Fragt nicht, ob das okay ist. Ich glaube, nicht aus Unhöflichkeit, sondern weil er sich gar nicht vorstellen kann, dass das nicht okay ist. Und bevor er irgendwas anderes sagt, sagt er, dass er gerade neue Zähne bekommen habe und nicht wisse, ob der Kleber halte. Können dann halt mal rausrutschen. Sofort beschließe ich, dass es eine gute Idee war zu kommen. Da hat er noch nicht von seinem Herzinfarkt erzählt.
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