Geflüchtete Frauen haben es besonders schwer, in Deutschland eine Arbeit zu finden. Eine Geschichte von zwei Frauen, denen es gelungen ist – mit Kochen und Programmieren.
Wenn Muntaha Darkali über ihren ehemaligen Beruf spricht, klingt sie pragmatisch. "Ich liebe es, Arabisch zu unterrichten", sagt sie. "Wenn ich davon leben könnte, würde ich das machen." Sie sagt aber auch: "Es geht halt nicht." Und: "Man kann sich nicht immer aussuchen, wie es im Leben läuft."
Muntaha Darkali redet ruhig und mit Bedacht. 50 Jahre ist sie alt, die Hände hat sie meist vor der Brust verschränkt. In ihrer Heimat brachte sie Grundschülern Arabisch bei. Eine Zeit lang überlegte sie sogar, einen eigenen Kindergarten zu gründen, weil die in Syrien so schlecht gewesen seien, wie sie sagt. Dann kam der Krieg. Gemeinsam mit ihrem Mann floh sie im Jahr 2014 nach Deutschland. Seitdem hat sie nicht mehr in ihrem Beruf gearbeitet.
Auch Dana Rahman* musste neu überlegen, als sie nach Deutschland kam. In ihrer Heimat Syrien studierte die 26-Jährige Mathematik an der Universität Aleppo. Ein klassisches Fach für Frauen dort, sagt sie, etwa 80 Prozent ihrer Mitstudierenden seien weiblich gewesen, die meisten wollten danach als Lehrerin arbeiten. Die Berufsaussichten waren gut. Doch als eine Rakete in die benachbarte Fakultät der Architekten einschlug, blieb Rahman fortan zu Hause.
Im Jahr 2015 verließ die Familie das Land. Sie kamen als Kontingentflüchtlinge nach Brandenburg. Sie habe hier weiterstudieren wollen, sagt Rahman. Sie bewarb sich für Informatik, Technische Informatik und Architektur und wurde abgelehnt: Ihr Abschluss an einer syrischen Privatschule werde in Deutschland nicht anerkannt, hieß es in einer E-Mail. "In dem Moment", sagt Rahman, "habe ich erst mal geweint."
Die Frauen bleiben meist zu HauseSo unterschiedlich die Lebenswege dieser zwei Frauen sind, beide mussten vor dem Krieg in Syrien nach Deutschland fliehen. Und beide können hier ihre bisherige Karriere nicht mehr weiter verfolgen. Ein Grund nicht mehr zu arbeiten ist das für sie beide nicht.
Geflüchtete Frauen haben es nicht leicht, in Deutschland einen Job zu finden. Ende 2019 waren laut Arbeitsagentur nur 14 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten aus den Ländern, aus denen viele Asylbewerberinnen kommen, Frauen. Viele geflüchtete Frauen arbeiten auch Jahre nach ihrer Flucht nach Deutschland nicht. Was nicht an fehlender Motivation zu liegen scheint: In einer Umfrage des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) und des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) gaben 88 Prozent der derzeit nicht arbeitenden geflüchteten Frauen an, in Zukunft eine Beschäftigung aufnehmen zu wollen.
"Geflüchtete Frauen haben in der Regel weniger Arbeitserfahrung als die Männer", sagt Tanja Fendel, wissenschaftliche Mitarbeiterin am IAB. So hätten 77 Prozent der befragten Männer in der Heimat gearbeitet, aber nur 39 Prozent der Frauen. Einige geflüchtete Frauen fühlten sich zudem zu alt, um in Deutschland eine neue Ausbildung zu beginnen. "Sie haben damit weniger Kontakte zu Deutschen und damit auch weniger Möglichkeiten, Deutsch zu sprechen - Faktoren, die für die Arbeitssuche essenziell sind." Und dann sei da noch die Familie. "Die befragten Frauen bleiben meist zu Hause und kümmern sich um die Kinder", sagt Fendel.
Unglücklich als HausfrauFür die ehemalige Lehrerin Muntaha Darkali kam das nicht infrage. "Meine Mutter war Hausfrau und damit nicht glücklich", sagt Darkali. "Deswegen wollte sie, dass ihre Kinder es einmal besser haben als sie. Sie hat viel Wert auf unsere Bildung gelegt." Darkali hat sieben Geschwister: Ein Bruder studierte Wirtschaft und arbeitet als Eisenhändler, ein anderer als Kfz-Mechaniker, eine Schwester ist Leiterin einer Schule. Vier weitere Schwestern sind trotzdem Hausfrauen geworden. Ein Teil der Familie lebt noch in Syrien, andere Mitglieder in der Türkei und in Dubai.
Um ihrer Familie nicht auf der Tasche zu liegen, ging Muntaha Darkali nach der neunten Klasse von der Schule ab und begann, als Friseurin zu arbeiten. Es war ihre Mutter, die sie immer wieder ermahnte, das Abitur zu machen. Nur deswegen ist sie dann doch Lehrerin geworden.