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Sag mir, wo die Blüten sind

Foto: Sarah Schaefer

In Zeiten des Insektensterbens sind raspelkurze Rasenflächen keine gute Idee. Dennoch wird auf den Grünflächen in Pankow eifrig gemäht. Wie insektenfreundlich ist der Bezirk?

Sie heißen gewöhnliche Eselsdistel, blauer Natternkopf oder purpurrote Taubnessel. Es sind Pflanzen, die Sandra Wiegand-Landgraf gern öfter sehen würde, wenn sie mit dem Fahrrad durch Prenzlauer Berg radelt. Stattdessen sieht sie: kurz gemähte Rasenflächen. Auf dem Weg zur Arbeit kommt die 41-Jährige am Jahn-Sportpark vorbei. Erst neulich hat sie dort beobachtet, wie Menschen mit Motorsensen anrückten und grüne Wiesen kurz mähten. Und das ganz am äußeren Rand des Sportgeländes, wo Bäume stehen und wohin sich vermutlich nie Sportler*innen verirren.


„Es ist zum Heulen", schreibt die Hobbygärtnerin uns später in einer Nachricht. Mit einfachen Mitteln könnten hier Flächen entstehen, auf denen Wildbienen, Schmetterlinge und andere Insekten Nahrung und Schutzräume finden. Stattdessen werde fleißig gemäht. „Das ist, als würde uns jemand das Haus abreißen, nachdem wir uns gerade an den Abendbrottisch gesetzt haben."


„0815 Kahlschnitt" steht oft noch im Vordergrund

Natürlich müsse man auch über Parklets, Schulplatznot und Mietsteigerungen sprechen, schreibt sie weiter. Doch sie fügt hinzu: „Wenn wir zukünftig kaum noch etwas zu essen haben, weil uns die bestäubenden Insekten weggestorben sind, dann haben wir ganz andere Sorgen."


Das kann man dramatisch finden. Oder realistisch. Dass es höchste Zeit ist, etwas gegen das Insektensterben zu tun, ist mittlerweile breiter Konsens. Und wo fängt man am besten an, wenn nicht vor der eigenen Haustür? Der Jahn-Sportpark ist für Sandra Wiegand-Landgraf nur ein Beispiel „für viele Orte in der Stadt, an denen durch minimale Veränderungen Großes bewirkt werden könnte".


Auch Wolfgang Baum, Vorstand des Imkervereins Pankow, findet, dass im Bezirk einiges besser laufen könnte in Sachen Insektenfreundlichkeit. Grünflächen, auf denen keine Pflanzen blühen, seien tote Flächen, sagt er. Es sei wichtig, Lebensräume für Bestäuber zu schaffen, indem man Wildpflanzen wachsen lasse. Doch das funktioniere nur, wenn auch das Personal, das für die Pflege der Grünfläche zuständig ist, entsprechend geschult werde. Viele Mitarbeiter*innen seien noch so ausgebildet worden, dass das Mähen im Vordergrund stehe. „0815 Kahlschnitt" nennt Baum das.


(Auszug)

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