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"Botschaft des Friedens und der Toleranz"

Tunesiens Tourismusminister Rene Trabelsi ist optimistisch: Sieben‐ bis achttausend Pilger werden am 22. und 23. Mai auf die Insel Djerba im Süden Tunesiens kommen, um zur La‐Ghriba‐Synagoge zu pilgern, hofft er.

Dass die Pilgerfahrt zum ersten Mal seit mehr als 30 Jahren wieder in den Fastenmonat Ramadan falle, sei kein Problem, sondern im Gegenteil ein schönes Ereignis. Er sei "sehr froh darüber, denn wir wollen eine Botschaft des Friedens und der Toleranz ans Ausland schicken", sagte Trabelsi einem tunesischen Radiosender.

umbruch 2011, nach dem politischen Umbruch in Tunesien, wurde die Pilgerfahrt ein Jahr ausgesetzt. "Damals hatten wir Angst, dass sie nie wieder stattfinden würde." Zwar wurde sie seit 2012 wieder jährlich unternommen, allerdings kamen in den vergangenen Jahren nur wenige Hundert bis Tausend Gäste angereist.


Die meisten Pilger kommen aus dem Ausland, vor allem aus Frankreich. Viele von ihnen stammen ursprünglich aus Tunesien, doch dieses Jahr werden auch Juden aus England, Russland, den USA und Israel erwartet, so die Organisatoren. Die israelischen Behörden hatten in der Vergangenheit mehrfach vor Sicherheitsrisiken gewarnt.

Tunesiens Innenminister Hichem Fourati erklärte gegenüber der tunesischen Presse, die Sicherheitskräfte seien gut vorbereitet, um den friedlichen Ablauf des Ereignisses sicherzustellen.

Die Pilgerfahrt findet anlässlich des Lag‐BaOmer‐Festes statt, das 33 Tage nach Pessach gefeiert wird. Es ist ein ausgelassenes Freudenfest - und für viele Pilger ist die Feier die Gelegenheit, alte Bekannte wiederzutreffen. In der Synagoge wird gelacht, gesungen und getanzt, Bier und Boukha, ein tunesischer Feigenschnaps, fließen in Strömen.

Nach einem lokalen Brauch legen die Pilgerinnen hart gekochte Eier mit dem Namen lediger Frauen in einer Grotte im Inneren der Synagoge nieder. Wenn die jungen Frauen diese nach dem Fest verspeisen, würden sie bald einen Ehemann finden, so der Glaube.

Tourismusminister René Trabelsi stammt selbst aus der jüdischen Gemeinde von Djerba. Er ist der erste jüdische Minister Tunesiens seit den 50er‐Jahren und derzeit der einzige in der arabischen Welt. Bevor er im Herbst 2018 sein Ministeramt antrat, war er Reiseunternehmer und einer der Veranstalter der Pilgerfahrt. Sein Vater Perez Trabelsi ist Vorsitzender des Organisationskomitees.

Anfang des 20. Jahrhunderts lebten noch mehr als 100.000 Juden in Tunesien. Viele verließen das Land nach der tunesischen Unabhängigkeit 1956 und dem Sechstagekrieg 1967 nach Europa oder Israel. Heute zählt die jüdische Gemeinde in Tunesien nur noch rund 1500 Mitglieder. Die meisten leben auf Djerba und in der Hauptstadt Tunis.


Die La‐Ghriba‐Synagoge ist die älteste noch existierende Synagoge auf dem afrikanischen Kontinent. Hier soll ein Priester nach der Zerstörung des salomonischen Tempels 586 v.d.Z. Zuflucht gesucht und die erste Synagoge errichtet haben. Ein Stein dieses Tempels, den er aus Jerusalem mitgebracht haben soll, ist auch heute noch in der Synagoge zu sehen, auch wenn das heutige Gebäude erst aus dem 19. Jahrhundert stammt. Im April 2002 kamen bei einem Anschlag auf die Synagoge 19 Besucher ums Leben, die meisten von ihnen waren deutsche Touristen. Al Qaida hatte sich damals zu dem Anschlag bekannt.

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