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Wie man lernt, Babyschreie zu unterscheiden

Hunger, Schmerzen, Müdigkeit: Wenn Babys schreien, kann das verschiedene Ursachen haben. Eine aktuelle Untersuchung aus Frankreich zeigt: Nicht jede und jeder erkennt die Unterschiede. Die Fähigkeit, Babyweinen richtig einzuordnen, kommt mit der Elternschaft – geht aber auch wieder verloren.

Bevor Kinder zu sprechen lernen, sind Schreien und Weinen die einzige Möglichkeit, mit ihrem Umfeld in Kontakt zu treten, wenn sie sich unwohl fühlen. Das Team rund um die Neurowissenschaftlerin Siloé Corvin von der University de Saint-Etienne untersuchte nun, wie gut Erwachsene die feinen Unterschiede im Weinen erkennen.

Im Zuge der Untersuchung bekamen Probandinnen und Probanden weinende Babys zu hören, die aufgrund einer Impfung Schmerzen hatten oder sich beim Baden unwohl fühlten. Dabei zeigte sich deutlich, dass Erwachsene ohne Erfahrung mit Babys und Kleinkindern die Laute schlechter voneinander unterscheiden können als jene, die selbst Eltern sind. Laut den Forscherinnen und Forschern erkannten jene ohne Kinder den Kontext des Weinens eher zufällig als bewusst. Die Fähigkeit ist also erlernt und nicht angeboren, wie sie im Fachmagazin „Current Biology" berichten.

Eltern kleinerer Kinder erkennen Unterschiede leichter

Je jünger der eigene Nachwuchs der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, umso feiner war das Gespür für die Unterschiede der Schreie. „Nur Eltern von jüngeren Babys konnten auch das Weinen von Säuglingen einordnen, die sie nicht kannten und vorher noch nie gehört haben", erklärt Hauptautorin Siloé Corvin in einer Aussendung zu Studie.

Das Feingefühl geht wieder zurück, je älter der eigene Nachwuchs ist. Waren die Kinder bereits fünf Jahre alt, erkannten die Eltern die Unterschiede weniger häufig als die Eltern von bis zu zwei Jahre alten Kindern. „Das war anfangs überraschend, deckt sich aber mit der Idee, dass erfahrene Zuhörerinnen und Zuhörer eine Resistenz für akustische Schmerzsignale entwickeln", so Ko-Autorin Camille Fauchon.

Das bestätigten auch die Ergebnisse jener Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer, die beispielweise in der Pädiatrie arbeiten. Sie konnten trotz langjähriger Erfahrungen, die Babyschreie seltener richtig einordnen als die Eltern Neugeborener und junger Kinder. Welche Prozesse im Gehirn dieses Feingefühl hervorrufen, untersuchen die Forscherinnen und Forscher aktuell in einer weiteren Studie.

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