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Spechte haben doch keinen „Sturzhelm"

dpa/Rainer Jansen

Anders als vermutet besitzen Spechte doch keinen stoßdämpfenden „Sturzhelm“. Laut einer neuen Studie funktioniert der Schädel der Vögel vielmehr wie ein massiver Hammer. Vor einer Gehirnerschütterung schützt sie allein der relativ kleine Kopf.

Mit viel Wucht und hoher Geschwindigkeit hämmern Spechte mit ihren Schnäbeln auf Holz, um Nahrung zu finden oder Nistplätze zu bauen. Die Spechte stecken dabei die Erschütterung, die für ein menschliches Gehirn gefährlich wäre, ohne Probleme weg.

Schlecht für den Specht

Bisher vermuteten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, dass die Schädel der Vögel den Aufprall dämpfen können. Man ging davon aus, dass der Knochenaufbau wie eine Art Sturzhelm funktioniert. Das Team rund um den Biologen Sam Van Wassenbergh von der Universität Antwerpen widerlegte die These nun in einer Untersuchung, die soeben im Fachmagazin „Current Biology" veröffentlicht wurde.

Van Wassenbergh und sein Team gingen der Frage nach, was mechanisch im Kopf der Spechte geschieht, wenn diese mit ihrem Schnabel auf Holz hacken. Schon eine Studie aus dem Jahr 1976 vermutete, dass Spechte eigentlich stärker und schneller klopfen müssten, wenn der Kopf den Aufprall schluckt, da so nicht die ganze aufgewendete Kraft auf das Holz übertragen werden könnte. Die aktuelle Untersuchung bestätigt das: Tatsächlich würde der Schnabel nicht weit genug in das Holz eindringen.

Für die Untersuchung zeichneten die Forscherinnen und Forscher 109 Highspeed-Videos von Spechten auf. Sechs Vögel wurden dabei gefilmt, wie sie auf Holz pecken. Eines der Versuchstiere - ein Schwarzspecht - lebt im Alpenzoo in Innsbruck.

Bild für Bild analysierten die Expertinnen und Experten anschließend die harte Arbeit der Spechte: Die Köpfe bleiben beim Aufprall fast vollkommen steif und absorbieren den Schlag nicht, d.h. sie wirken nicht stoßdämpfend. „Der Mythos der Aufprallminderung bei Spechten wurde also widerlegt", meint Hauptautor Sam Van Wassenbergh. „Ihre Köpfe fungieren beim Pecken im Grunde wie steife, massive Hämmer."

Kleinere Köpfe von Vorteil

Der Grund dafür, dass Spechte keine Gehirnerschütterungen erleiden, ist laut Van Wassenbergh die Größe der Vogelköpfe. Ein menschlicher Kopf, der im Vergleich viel größer ist und mehr Gehirnflüssigkeit enthält, würde bei derselben Wucht und Geschwindigkeit Schäden am Gehirn erleiden.

Vereinfacht ausgedrückt: Das Hirn der Spechte „schwabbelt" weniger im Kopf herum. „Aus evolutionärer Sicht erklärt das, warum es keine Spechte mit größeren Köpfen oder stärkeren Nackenmuskeln gibt", so Van Wassenbergh.

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