Brandenburg/H. Über zehn alte Bühnenorden mit BKC-Logo hängen an den Wänden verteilt, das Radio dudelt vergangene Charts, im Hintergrund lagern Requisiten, Draht und Holz. In einer großen Halle am Brandenburger Hafen liegt die Werkstatt des Brandenburger Karneval Club (BKC). Hier haben Sven Brust und Torsten Ritzka in den vergangenen Wochen fast jeden Tag gearbeitet. Denn an diesem Samstag ist es wieder soweit: Es ist Karneval und mit den Karnevalisten vom BKC werden am 11.11. zwei große Wagen durch die Straßen ziehen, um das bunte Fest zu feiern.
Das hat Tradition: 1990 startete in Brandenburg an der Havel der erste Karnevalsumzug des BKC, damals noch ganz ohne Fahrzeug. Schon sechs Jahre später zog der erste selbstgebaute Karnevalswagen durch die Stadt. „Der erste Wagen war aus irgendwelchen dicken Platten gebaut. Da haben wir günstig Bauzäune gekauft, haben die bei Frost auseinander geschnitten und was draus gebastelt", erinnert sich Sven Brust. „Dann haben wir die verputzt und griechisch-römisch bemalt. Aufhänger war für uns der römische Senat. Damals fanden wir das wirklich schick, aber heute würde ich sowas nicht mehr bauen", sagt Sven Brust und lacht .
Er selbst ist schon seit 27 Jahren beim BKC Mitglied. Mit seiner Tochter ist seine Familie in der vierten Generation im Club aktiv. Dabei hat er schon viele Positionen erlebt: Erst war er Fahnenträger, dann Prinz, heute ist er als gelernter Möbeltischler verantwortlich für den Wagenbau.
„Das Organisieren und Bauen hat mir schon immer Spaß gemacht. Da bin ich mit Herzblut bei der Sache. Und wenn man das für einen bestimmten Verein macht, dann steigert man sich noch mehr rein. Dann hat man ein Thema und es macht einfach Spaß", erzählt er.
Leidenschaft ist bei dem Bau eines solchen Wagens auf jeden Fall gefragt, denn das Projekt nimmt viel Zeit in Anspruch. Schon Wochen vor dem Umzug basteln Brust und einige andere Männer an den beiden Wagen, die in diesem Jahr beim Umzug fahren werden.
Einer der beiden Wagen orientiert sich im Design an der Brandenburger Altstadt: An jeder Ecke prangt ein brauner Backstein-Turm. Hinter dem Gemäuer finden die Senatoren des BKC Platz. Dabei ist der Wagen vergleichsweise luxuriös: In den Turmspitzen versteckt sich nicht nur eine Garderobe, sondern auch eine Chemietoilette für die knapp einstündige Fahrt.
Seit 2008 wird der Altstadt-Wagen von einem zweiten Spaßwagen begleitet. Damals besuchten Sven Brust und Torsten Ritzka in Düsseldorf einen Lehrgang bei Jacques Tilly, einem bekannten Karnevalswagenbau-Künstler. Von ihm lernten sie, den Wagen dreidimensional zu gestalten. So wölbten sich schon in den vergangenen Jahren aufgerissene Clownsmünder und bunte Verzierungen vom Fahrzeug.
Auch in diesem Jahr haben sich die beiden Männer etwas Besonderes einfallen lassen: Ein über zwei Meter großes, tanzendes Prinzenpaar wird auf der Spitze des Wagens zu sehen sein. Doch der Bau der Figuren erfordert Planung, erzählt Sven Brust: „Man bastelt da nicht einfach drauf los, sondern muss sich vorher schon Gedanken machen, dass das alles von den Maßen passt. Vor allem die Häuser waren eine Herausforderung, da die ja auch zu erkennen sein sollen. Und trotzdem wollten wir die ein wenig schief ziehen, ganz im Karneval-Stil."
Der Bau des Prinzenpaars nahm einige Wochen in Anspruch: Erst wurde das Holzgestell gebaut, mit Hasendraht ummantelt, schließlich mit nassfestem Blumenpapier und Klebeband umwickelt. Die Konstruktion wurde in einer Mischung aus Knochenleim und Kreide getränkt.
Ein Sprayer sorgte dann noch für den farblichen Anstrich der Figuren. Kurz vor dem Karnevalsumzug am Samstag sind die Figuren mittlerweile fertig. Nur der Rock der Prinzenpaar-Dame erhält noch einen festlichen Glitzer-Anstrich.
Und dann ist alles bereit. Wenn die Wagen am Samstag durch die Stadt ziehen, heißt es wieder: Brandenburg Helau!
Von Sally-Charell Delin
Mehr aus Brandenburg/Havel