In Blümchenhose und Paisley-Schal sitzt er dort vorne in seinem Ledersessel. "Wir brauchen keine Revolution von außen, sondern von innen", sagt er. Ein Hippie, mag man denken, der uns nun auch etwas von der Liebe erzählen will. Doch Milosz Matuschek, der ursprünglich an der Sorbonne in Paris Recht lehrt, weiß wovon er spricht: Er ist ein wahrer Dating-Experte.
In den letzten Jahren hat er sich durch mehr als 2000 Kontaktanfragen auf Dating-Portalen geklickt. Schon 2012 hat er diese Erfahrungen in dem Buch "Mann mit Grill sucht Frau mit Kohle" als Mitautor verarbeitet, zwei Jahre später sitzt er nun bei seiner Buchpremiere im Heimathafen Neukölln. "Das romantische Manifest" heißt das neue Werk und beschäftigt sich mit der Art und Weise, wie wir in Zeiten von Rollenkriegen zwischen Mann und Frau versuchen zu lieben.
Von "Lovenomics" spricht er und dem übermäßigen Anspruch, den wir schon an unseren Partner stellen, bevor wir ihn überhaupt kennenlernen. Romantik und Gefühle seien zu einem gesellschaftlichen Anspruch entwertet. "Wir wollen immer mehr bekommen und verfolgen einen Kult der Perfektion", sagt Matuschek. Das erkläre auch, warum Beziehungen immer schneller auseinanderbrechen, und wir nicht mehr dafür zu kämpfen wagen.
Keiner mag bestreiten, dass sich die Art und Weise zu lieben im Vergleich zu vergangenen Zeiten verändert hat. Doch Matuscheks neues Werk ist zur Abwechslung mal kein Ratgeber, der erklären will, wie man den Partner an sich bindet, sondern tatsächlich ein "romantisches Manifest", das nicht klagt, sondern vor allem anregt und ermutigt: zum Unperfekten, sich auf etwas einzulassen, ohne Plan und Kalkül. Weg von dem Streben nach der idealen Liebe, dem Abgleichen von Anforderungen und Erwartungen, welche oft nicht erfüllt werden können.
Während Johanna Links vom Christoph Links Verlag charmant durch den Abend führt, entlockt sie Matuschek auch persönliche Geschichten: Seine eigene Freundin habe er in einem Salsa-Club kennengelernt, ganz unerwartet und unperfekt, wenn man kein Salsa tanzen kann.
Zwischendurch gibt es immer wieder Musik der frech grinsenden Jungs der Band "Herr Trüstedt & Herr Wiedermann (mit Jakob)". Neben den außergewöhnlichen KIZ-Coverversionen auf Klavier und Gitarre, deren vulgäre Texte Kontrast, aber auch viel Witz und Schwung in den Abend bringen, spielen sie das ein oder andere Lied passend zur Thematik ("Weißt nicht, ob dir die Liebe von gestern morgen noch gefällt"). "Das romantische Manifest" ist ein Plädoyer für eine Rückkehr zur Romantik, ein Aufruf zur Revolution der Liebe.
Matuscheks Manifest macht Spaß und spricht viel Wahres. Er sei kein Tippgeber, so Matuschek, aber man solle versuchen, die Liebe wie ein Gemälde zu betrachten – mit viel Phantasie. Doch Paris sei als Stadt der Liebe schon länger überholt: von Berlin.
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