48 Stunden lang nur EDM-Banger auf der Perry's Stage des Lollapalooza. Wie hält man das aus? Keine Ahnung. Aber ich werde es herausfinden. Ein Selbstversuch auf Berlins größtem Festival.
Sommer ist gleich Festivalzeit. Für mich als Indie-Mädchen, das am liebsten Bands wie The Kooks, Florence + the Machine oder Arctic Monkeys hört, eine der schönsten Zeiten des Jahres. Neben den Klassikern Rock am Ring, Rock im Park, Hurricane und Southside hat sich in den vergangenen fünf Jahren noch ein Festival in Deutschland etabliert: das Lollapalooza.
Seit 2015 macht das Stadtfestival aus Chicago auch Halt in Berlin. Bereits zum zweiten Mal in Folge werden im Olympiastadion und im umgebenen Olympiapark die Spielstätten aufgebaut. Das amerikanische Original ist bekannt für seine Mischung aus Alternative-Rock, Rap, Pop und Punkrock.
Ich habe nie verstanden, wieso sich mehrere Zehntausend Menschen versammeln, um zu sehen, wie ein Mensch seinen Laptop an ein DJ-Pult anschließt und dann sein Set auflegt. In Berlin werden für dieses Jahr gut 85.000 Besucher erwartet. Das Lollapalooza ist somit auch der ideale Ort, die Faszination EDM endlich besser verstehen zu können. Also werde ich einen kleinen Selbstversuch wagen:
Auf einem Festival, das mir auch jede Menge Acts bieten würde, die mir wirklich gefallen. Werde ich wahnsinnig, wenn ich zwei Tage lang nur Musik höre, die ich eigentlich nicht mag? Oder werde ich am Ende sogar Gefallen daran finden? Finden wir es heraus.
Allzu hoffnungsvoll bin ich nicht. Im Vorhinein habe ich den „Feind" bereits etwas studiert. Nach knapp einer Stunde war mir der Sound bereits zu viel. Ich weiß, das wird live schwer erträglich. Beim Studieren des Line-ups merke ich, dass ich für die kommenden 48 Stunden ein neues Zuhause habe: die Perry's Stage, dort sind alle EDM-Acts beheimatet. Entkommen: unmöglich!
Zudem ist es ein besonderes Wochenende, an dem ich den Selbstversuch wage: EDM-Ikone Avicii wäre am Sonntag 30 geworden. Er wurde im April 2018 tot in seinem Hotelzimmer im Oman aufgefunden. Avicii wird mich an diesem Wochenende noch oft begleiten. Kaum ein Set, das ihn nicht als Hommage mixen wird. Aber das ist okay. Ich werde ganz andere Probleme haben. EDM im Allgemeinen zum Beispiel.
EDM hat laut Wikipedia seine Ursprünge in Deutschland, den USA und den Niederlanden und rein gar nichts mit dem Genre Techno zu tun, außer dass beide Synthesizer nutzen. Schade eigentlich. Techno könnte ich wesentlich mehr abgewinnen als dem abgestumpften EDM-Wahnsinn à la David Guetta. Ausnahmen bestätigen die Regel, und natürlich ist „Levels" von Avicii irgendwie auch großartig.
Mein größter Feind ist die „Bohrmaschine" - eben jener krasse Soundeffekt, der sich bohrend-hämmernd anstaut, bis der Bass-Drop kommt. Leider ist gerade das ein Kernelement von elektronischer Tanzmusik, was EDM übersetzt bedeutet. Ich werde an den zwei Festivaltagen vermutlich jeder Menge Bohrmaschinen, spektakulären Lichtshows, Flammenwerfern und Pyroeffekten ausgesetzt sein. Aber für Zweifel ist es jetzt zu spät. Ich bin bereit. Ich geh' rein.
Nach ein paar Aufwärmrunden geht es nun mit einem einigermaßen bekannten Namen richtig los: Hugel hatte mit seinem Remix des italienischen Partisanenliedes „Bella Ciao" den Sommerhit 2018 gelandet. Alles Dank der Netflix-Serie „Haus des Geldes", die diesen Song benutzte.
Hugel legt auf, als wäre er ein Meme mit ADHS. Alle 30 Sekunden wird ein neuer Song geloopt, die Bohrmaschine dröhnt, die Masse tanzt. Ein kleiner Kulturschock - als hätte man sich einen schlechten Party-DJ gebucht, der keinen Song durchziehen kann. Mir ist klar: Das wird härter als befürchtet.
Werde ich es schaffen? Lese weiter auf welt.de (siehe Originallink). Zum Original