Immer nur Hühnerei, wie langweilig, bei so viel Vielfalt! Doch welches Ei ist das ideale Frühstücksei? Etwa das vom Strauß? Elfenbeinfarben mit Cellulite-Struktur? Eier wie diese lassen sich nicht einfach so in die Pfanne hauen. Sie gehören zu den dicksten Eiern weltweit und kullern in Deutschland am häufigsten in der Pfalz ins Nest, gelegt von langbeinigen Vogeldamen aus Afrika. 2009 brach eines dieser ovalen Kunstwerke aus Rülzheim in der Pfalz alle Rekorde. „Das 2720-Gramm-Ei war damals das größte Ei der Welt", sagt der Straußenzüchter Christoph Kistner, „dafür gibt es Belege, wir haben es nur nie ins Guinness Book eintragen lassen, weil uns das nicht wichtig ist."
Die grazile Eier-Produzentin war der ganze Stolz ihrer Besitzer Uschi Braun und Christoph Kistner von der Straußenfarm Mhou. Die beiden legen viel Wert auf artgerechte Haltung ihrer inzwischen etwa 80 Tiere. Die Aussteiger haben sich seit 1993 ein kleines Straußen-Paradies aufgebaut, rund um eine südafrikanische Lodge mitten in der Pfalz. Gerne beobachten sie ihre Herde von flugunfähigen Riesenvögeln dabei, wie sie leichtfüßig über die Wiesen schweben, mittendrin Lieblingshenne Carla. Doch dann geschah vor sieben Jahren ein Unglück. Carla fiel ohne Vorwarnung einer Bundeswehr-Attacke zum Opfer. Eine Truppeneinheit übte mit ihren überdimensionalen Transporthubschraubern zu nah am Boden. Der Lärm versetzte den großen, schreckhaften Vogel so in Panik, dass er sich die Beine verknotete und eines brach. Straußenbeine sind nicht zu schienen. Das Tier musste erschossen werden. Nur ihre Nachfahren sind auf der Farm noch zu bestaunen, lauter graubraune Carlas und schwarzfedrige Carlos.
Von der Sonnenterrasse der Farm hat man einen guten Blick auf die Tiere mit ihren pompös geschmückten Federhintern. Kistner sagt: „Straußeneier schmecken eigentlich genauso wie Hühnereier, und das am besten als Rührei. Dazu bohrt man das Ei oben und unten an, steckt auf der einen Seite einen Strohhalm hinein und pustet es aus." In ein durchschnittliches Straußenei passen etwa 25 bis 30 Hühnereier. Damit wird dann sogar die Verwandtschaft 3. Grades noch satt.
Straußeneier sind bliebtMit einem Durchmesser von ungefähr 15 bis 20 Zentimetern und einer Länge von bis zu 20 Zentimetern ist das Ei ein wenig unhandlich. Man müsste sich auf dieses Ei erst mal einlassen: In einen Eierbecher passt es nicht hinein. Es gibt aber extra angefertigte Holzständer für Straußeneier. Man kann es in 45 Minuten weich kochen oder in 90 Minuten hart, aber man kann es vor dem Kochen nicht mal eben anpieksen, damit es nicht platzt. Dafür braucht man wieder einen Bohrer. Es manierlich mit einem gezielten Messerschlag aus dem Handgelenk zu köpfen ist schier unmöglich. Die Schale ist zwei bis drei Milimeter dick und sehr robust. Man kann sich auf so ein Ei problemlos draufstellen, und es geht nicht kaputt. „Man muss es aufhämmern, bevor man an sein ,Herz' gelangt", erklärt Ramona Scheer vom Straußenhof Chiemgau. Sie hat viel Erfahrung mit der Zubereitung der Rieseneier, sie ist die Küchenchefin vom Straußenhof. „Als Rührei ist es am besten portionierbar, aber hart gekocht und in Scheiben geschnitten, sieht es sehr dekorativ aus", findet sie.
Straußeneier sind beliebt. Den Züchtern werden sie quasi aus den Händen gerissen. „Bei uns sind alle vorbestellt, für Veranstaltungen von Vereinen und Gruppen, bis Herbst ist nichts zu machen", erzählt Kistner. Bei Scheer und anderen Züchtern in Deutschland sieht es ähnlich aus. Wer zu Ostern Straußeneier haben möchte, muss langfristig planen oder im Ausland nachfragen. Strauße legen nur etwa 40 bis 50 Eier pro Jahr. Mit einer Ausnahme: Wenn man sie dem Hahn klaut, legt die Henne nach, und es werden etwas mehr. Denn bei Familie Strauß und den anderen Laufvögeln gilt der Rollentausch: Herr Strauß ist Hahn im Korb bei bis zu sechs Hennen. Jede aus seinem Harem bestückt ihm das Nest. Der Hahn brütet und beschützt dann das Gelege. Und im Anschluss sittet er die Küken.