Der Zuwanderer-Fonds gingen 1971 aus einem Zusammenschluss der Bemühungen der Stadt Wien und den Sozialpartner (Arbeiter-,Wirtschaftskammer, Industriellenvereinigung, Gewerkschaftsbund) hervor. Die Einrichtung vermittelte den Gastarbeitern nicht nur Wohnraum, sondern versuchte insbesondere die Sprachbarriere durch fremdsprachige Broschüren, aber auch Zeitungen zu mindern. Auf diesem Wege wurde auch die erste türkischsprachige Zeitschrift für Gastarbeiter herausgegeben: Ihr Name "Yankı" bzw. "Echo".
Ab 1972 erscheint die Yankı monatlich und wird von einem türkischen Gastarbeiter namens Bora Karatay mitgestaltet. Doch bereits 1974 wird das „Echo" eingestellt und von der aufwendiger gestalteten „Anadolu" (Anatolien) ersetzt. Das Konzept der ersten, türkischsprachigen Zeitung in Österreich besteht dabei aus zwei Aspekten. Einerseits werden Nachrichten von türkischen Zeitungen übernommen, um die Gastarbeiter auf dem neuesten Stand zu halten, auf der anderen Seite werden Artikel aus österreichischen Zeitungen, die die Gastarbeiter betreffen, übersetzt dargeboten.
Leserbriefe und Fußball-TabellenDas Konzept der Zeitschrift war dabei durchaus modern, so gab es etwa von Anfang an eine Leserbrief-Ecke, die Hilfesuchenden konkrete Antworten bot. Eine „Frauen-Ecke" kam wenige Ausgaben später ebenso hinzu und zu guter Letzt durften natürlich Sportnachrichten aus der Türkei auch nicht fehlen. Selbst Zielgruppen-orientierte Werbung war in der Zeitschrift zu finden: So warb Turkish Airlines früh um die bis heute wichtige Zielgruppe der Gastarbeiter, aber auch die Zentralsparkasse lockte mit speziellen Angeboten und Möglichkeiten zum unkomplizierten Devisentransfer in die Türkei.
Aber insbesondere die Leserbrief-Ecke bildet eine gute Möglichkeit, um die Sorgen und Nöte der türkischen Gastarbeiter von damals nachzuvollziehen. So schreibt ein ausgebildeter Lehrer, der als Gastarbeiter nach Österreich kam von seinem Unmut über die türkische Regierung. Denn diese hatte es bis dato nicht geschafft, Türkisch-Lehrer für die Diaspora-Gemeinden zu finanzieren. Der aufgebrachte Leser fragt in seinem Beitrag daher, wohin eigentlich all die Devisen der Gastarbeiter hinflössen, wenn man nicht einmal das Geld für 135 Türkisch-Lehrer auftreiben könne. Aber auch die Liebe fand ihren Weg in die Leserbrief-Ecke: Ein weiterer Leserbrief-Schreiber fragt, wie er es denn anstellen könne, seine Geliebte, die als Gastarbeiterin in Deutschland tätig sei, nach Österreich zu holen. Die Antwort fiel leider nicht positiv aus.
Gekommen, um zu bleiben"Sie kommen nur hierher, um Geld zu verdienen und nach einigen Jahren wieder in ihre Heimat zurückzukehren", wird etwa eine Julia Anita Babeluk zitiert. Babeluk besuchte zu diesem Zeitpunkt Veranstaltungen für türkische Gastarbeiter, in denen sie "türkische Witze" zum Besten gab und Farbbilder aus der Türkei zeigte. Nicht nur Frau Babeluk ging damals fest davon aus, dass die Gastarbeiter ein temporäres Phänomen in den Straßen Wiens oder Bregenz bleiben würden. Doch die meisten sollten gekommen sein, um zu bleiben. (Rusen Timur Aksak, 20.5.2014, daStandard.at)
Die Wege der FremdeDie Wege der Fremde ziehen sich dahin,
auch meine Sorgen türmen sich dahin,
Wege voller Sorgen und Sehnsucht,
die meine verbrannte Brust zerdrücken.
Die Wege der Fremde sind mit Sorgen gepflastert,
die Sorgen sind mein, ihre Kanten sind spitz,
meine Tränen fallend,
zeichnen diese Sorgen meine Wege.
Meine Sorgen offenbaren sich, mein Aşikar,
oder doch nicht, denn wem schade ich schon?
Ich kümmere mich um meine Sorgen,
und so entfernen sich meine Wege weg von mir.
Aşık Aşikar (der offenkundig Liebende)