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Plagiatsvorwürfe gegen Islam-Theologen

Dem Münsteraner Islam-Theologen Khorchide wurde von den deutschen Islamverbänden das Vertrauen entzogen. Nun werden auch Plagiatsvorwürfe laut

Abdel-Hakim Ourghi ist Studienleiter des Arbeitsbereichs Islamische Theologie/Religionspädagogik an der Pädagogischen Hochschule Freiburg. Nun erhebt Ourghi schwere Vorwürfe gegen den österreichischen Islam-Theologen Mouhanad Khorchide, der mit seiner "Theologie der Barmherzigkeit" für Aufsehen gesorgt, aber ebenso die großen deutschen Islamverbände unter dem Dach des Koordinationsrates der Muslime (KRM) gegen sich aufgebracht hat.

Ourghi wirft Khorchide nun Ideenplagiat vor, da dieser für seine Theologie der Barmherzigkeit die Ideen und Ausführungen von Muhammad Shahrur, einem syrischen Intellektuellen und Aufklärer, als eigene ausgeben würde, obwohl diese klar als Ideen Shahrurs zu erkennen seien. Shahrur gilt als Vertreter eines modernistischen Islam-Verständnisses und vertritt eine Form von "Koranismus", sprich, er sieht den Koran als wichtigste Quelle und zweifelt an der Authentizität der Prophetenüberlieferungen ("Hadithe").

Auch wenn Shahrurs Werke auf Deutsch erhältlich sind, unter anderem sein 1990 erschienenes Opus magnum "Die Schrift und der Koran - eine moderne Interpretation", ist er im deutschsprachigen Raum nur in Fachkreisen bekannt. Daher hat Ourghi die Werke Shahrurs mit dem Hauptwerk Khorchides, "Islam ist Barmherzigkeit" abgeglichen.

Ideenplagiat

In seiner Untersuchung gleicht Ourghi Khorchides Thesen mit Passagen aus den Werken Shahrurs an neuralgischen Punkten ab. So führt er etwa aus, dass Khorchides Unterscheidung zwischen den Begrifflichkeiten "barmherziger Gott" und "Gott ist die Barmherzigkeit" auf Ideen von Shahrur fußt. Ebenso sei die Idee, der Gott der Muslime sei kein Diktator und folglich die Beziehung zwischen Menschen und Schöpfer eben keine "Herr-Knecht-Beziehung", bereits in den Werken Shahrurs nachzulesen gewesen. In Ourghis Abhandlung finden sich noch weitere Beispiele, die belegen sollen, dass Khorchide zwar auf die Ideen Shahrurs rekurriert, aber eben nicht sachgemäß zitiert.

Ourghi schreibt in seiner Abhandlung, die er daStandard.at zur Verfügung gestellt hat, er gehe davon aus, dass sich Khorchide bestens mit den Ideen Shahrurs auskenne, da "die semantische Nähe der gebrauchten Begriffe, die Gliederung der Kapitel und nicht zuletzt die behandelten Themen und Fragestellungen an sich" nahelegen würden, dass es sich um "gezieltes Abschreiben der innovativen Reformideen bzw. eine sehr freie Übersetzung der Thesen des syrischen Intellektuellen" handle.

Späte Kritik

Auch wenn Ourghi darlegt, die Kritik stehe nicht im Zusammenhang mit der Causa rund um Khorchide und den Münsteraner Lehrstuhl für Islamische Theologie, muss festgehalten werden, dass Khorchides Buch "Islam ist Barmherzigkeit" bereits im Herbst 2012 erschienen ist, der Plagiatsvorwurf aber erst im Windschatten der Auseinandersetzung zwischen Khorchide und den großen Islamverbänden aufkam, die seine Theologie der Barmherzigkeit entschieden ablehnen und ihm folglich kurz vor Weihnachten das Vertrauen entzogen hatten.

Khorchide selbst hält fest, er habe sich nie mit den Werken Shahrurs beschäftigt und weist die Anschuldigungen von sich. (Rusen Timur Aksak, daStandard.at, 8.1.2014)

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