Kurz vor halb fünf glimmt es auf am Horizont. Ein Gleißen schält sich aus dem fernen Ozean und malt den Himmel an. Glühendes Rot, leuchtendes Orange, auslaufend in sanftem Blau und Violett. Die Sonne geht auf, und wir sind an diesem Morgen wohl die ersten Menschen auf diesem Planeten, die das Schauspiel erleben. Hier, an den Flanken des Hikurangis am anderen Ende der Welt, auf der Nordinsel Neuseelands.
Vor einem Tag sind wir losgestiefelt aus dem Tapuaroa-Tal, immer bergan durch ausgedehnte Viehweiden. Die Nacht in der Hütte war zugig, nun aber dampft heißer Tee in unseren Tassen, und die Sonne wärmt die Nasenspitzen. Wie zwei riesige Kamelhöcker ragen hinter uns die beiden Zinnen des Hikurangis auf, des größten nicht vulkanischen Bergs der Nordinsel Neuseelands.
Weit im Osten liegt er, im Raukumara-Gebirge an der spärlich besiedelten East Coast, abseits der Hauptschlagadern des Tourismus. Doch ist es genau diese Lage, die ihn so reizvoll macht: Seine Spitze, so hatten es die Reiseprospekte behauptet, sei jener Fleck auf dieser Erde, der zuerst vom Licht eines neuen Tages getroffen werde. Jetzt, wo wir nur wenige hundert Meter unter dem Gipfel stehen und das Spektakel bestaunen, glauben wir das aufs Wort. [...]