LVZ-Kolumne „Leipziger Stimmen"
Ob Leipziger Uni-Bibo oder die Stadtbücherei: Bibliotheken sind für Schriftstellerin Ronya Othmann Orte der Freiheit, der Fiktion und des Wissens. Doch wie sollte man mit rassistischen Büchern und Werken streitbarer oder unliebsamer Autoren umgehen?
Leipzig. Ich kann überall heimisch werden, wo es eine Bibliothek gibt. Ich packe meine Tasche, ich steige in den Bus. Ich grüße die Mitarbeiter an der Pforte. Ich atme diesen Geruch von hunderten, tausenden Büchern. Ich flaniere. Die Bibliotheken sind unsere letzten säkularen Zufluchtsorte, die uns in den Städten noch geblieben sind. Die wir noch haben, wenn es schneit und regnet, wenn es also niesel-riesel-grau ist und die Parks zu unwirtlichen Orten geworden sind. Die letzten Orte, die noch nicht vollkommen durch-mall-isiert sind. Die wahren Tempel der Demokratie. Bibliotheken sind für alle da. Vor den Bücherregalen sind alle gleich. Bibliotheken sind Orte der Freiheit, denn wir entscheiden, in welche fiktionalen Welten wir uns flüchten wollen und mit welchen harten Realitäten wir uns konfrontieren wollen. Welches Wissen, wir uns aneignen wollen, und welche unserer Gewissheiten infrage stellen.