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Online-Lebensmittelhandel: Wer hat im Internet das beste Obst?

Gemüse und Obst kann man auch online bestellen. FAZ.NET hat die Überraschungsboxen getestet. Wer schickt die beste Mischung – und kann das Online-Gemüse mit den Supermärkten mithalten?

Am Obst- und Gemüsestand verlässt den Deutschen meist der Mut: Immer wieder landen Äpfel und Bananen im Korb – sie machen die halbe Menge allen gekauften Obsts aus. Beim Gemüse werden meist Tomaten gewählt. Für mehr Abwechslung sollen unterschiedlich bestückte Gemüseboxen sorgen. Man bestellt sie online und bekommt sie an die Haustür geliefert.


Noch sind Online-Bestellungen von Lebensmitteln die Ausnahme. Allerdings machen sich Supermärkte wie Rewe und Edeka, aber auch Amazon mit Lieferdiensten bereit. Noch haben die kleinen Anbieter der Obst- und Gemüseboxen ihrer mächtigen Konkurrenz den Aha-Effekt voraus. Denn die Gemüseboxen überraschen jedes Mal, etwa wenn das Wurzelgemüse Topinambur oder schwarzer Rettich in der Kiste auftauchen. Einige Anbieter schlagen konkret vor, was man mit dem jeweiligen Inhalt kochen kann. Doch wer liefert ideal ab, wenn es um Preis, Auswahl und Zuverlässigkeit der Lieferung geht? Wir haben sechs bundesweit aktive Anbieter getestet.


Ein Check der Websites zeigt sofort: Die Auswahlmöglichkeiten variieren erheblich. Bei „Etepetete“ kann man nur zwischen zwei Größen wählen, vom Inhalt muss man sich komplett überraschen lassen. Besser sind da „Fruchtknall“ oder „Lebe gesund“: Sie bieten reine Obst- oder Gemüsekisten an oder auch einen Mix in verschiedenen Größen. Und „Bring mir Bio“ schlägt eine Mischung vor, bei der man individuell Sorten hinzufügen oder entfernen kann, solange man den Mindestbestellwert von 25 Euro nicht unterschreitet. Nicht alle Anbieter geben klare Gewichtshinweise. Manche belassen es bei „klein“, „mittel“ und „groß“. In unserem Test haben wir immer Kisten ausgewählt, die möglichst um die vier Kilogramm wogen.


Kein Vergleich zu Supermarktketten

Von der Professionalität her sind die getesteten Anbieter nicht mit Supermarktketten zu vergleichen – was zunächst sympathisch wirkt. Mehrere Kisten stammen von familienbetriebenen Höfen, die ihre Produkte bundesweit verschicken. Die „Reichenauer“-Kiste beispielsweise kommt von einer kleinen Insel im Bodensee. Andere wie „Bring mir Bio“ beziehen Gemüse von verschiedenen regionalen Höfen und packen es zusammen in eine Box. Und „Etepetete“ arbeitet mit Landwirten in ganz Deutschland zusammen, die ihre Stücke, die für den Supermarkt nicht schön genug sind, in der sogenannten Retterbox direkt an den Kunden verschicken.


Kommen die Pakete an der Haustür an, haben Obst und Gemüse oft einen langen Weg hinter sich. Auch solche Boxen, die mit „bio“ und „öko“ werben, hinterlassen also nicht automatisch einen kleineren ökologischen Fußabdruck als entsprechende Supermarkt-Konkurrenz. Die Anbieter nutzen die üblichen Paketdienste wie DHL oder UPS. Das hat bei fast allen gut geklappt, nur die Kiste von „Biodirekt“ kam fünf Tage später als versprochen.


Übertriebener Verpackungsmüll trübt den Genuss

Kompliziert kann es werden, wenn niemand zu Hause ist. Zwar darf man bei allen Unternehmen dazuschreiben, was der Zusteller in diesem Fall machen soll. Doch das klappt nicht immer. Die Box von „Etepetete“ sollte eigentlich im Treppenhaus abgestellt werden, landete dann aber doch bei der UPS-Station – und welkte dort einen weiteren Tag.


Auch wenn die Kisten gerne umweltfreundliche Namen tragen: Nach dem Öffnen mussten wir uns meist durch einen Haufen Verpackungsmüll kämpfen – immerhin meist aus Knüllpapier. „Fruchtknall“ schützt sein Gemüse mit Noppenfolie, was übertrieben wirkt. Der Inhalt wechselt bei jedem Anbieter von Woche zu Woche und kann auch mal um zweihundert Gramm nach oben oder unten vom bestellten Gewicht abweichen. „Fruchtknall“ lieferte sogar über 1,5 Kilo mehr als bestellt. Rezeptvorschläge für den Inhalt lagen bei „Lebe gesund“, „Bring mir Bio“ und „Etepetete“ im Paket.


Grundstock aller Anbieter ähnelt sich stark

Der Grundstock aller Anbieter ähnelt sich stark. Kartoffeln, Karotten, Äpfel, Kiwis und Paprika lagen in fast allen Kisten. Dazu kamen einzelne Highlights. Bei „Reichenauer“ waren es Champignons und eine Süßkartoffel, „Etepetete“ lieferte schwarzen Rettich, „Lebe gesund“ hatte das Wurzelgemüse Topinambur dabei. Nicht immer ist die Überraschung gelungen. Bei „Lebe gesund“ lagen drei Fenchelknollen in der Kiste, bei „Bring mir Bio“ zwei. Um das in kurzer Zeit zu verwerten, muss man schon Fan sein. Geschmackssache eben. Und „Reichenauer“ ergänzte im Fünf-Kilo-Paket die Süßkartoffel noch um 1,7 Kilo normale Kartoffeln, so dass am Ende fast die halbe Kiste aus Kartoffeln bestand.


Obst und Gemüse waren bei allen Anbietern größtenteils in gutem Zustand. Bei „Bring mir Bio“ wechselte zwar der Brokkoli schon nach einem Tag die Farbe auf braun. Und die Bananen in der „Reichenauer“-Kiste waren etwas matschig. Ansonsten machte aber alles einen guten Eindruck. Selbst die Stücke von „Etepetete“, die ja gerade nicht dem Supermarktstandard entsprechen sollten, fielen optisch nicht auf.


Hohe Preise für die Boxen

Die Crux bei den Boxen ist der Preis. Inklusive Versand schwankt er zwischen 4,15 Euro pro Kilo bei „Etepetete“ und 7,07 Euro pro Kilo bei „Bring mir Bio“. Ein Vergleichskauf ergab: Ein bunter Obst- und Gemüsemix von Rewe kostet nur rund 2,70 Euro pro Kilo. Dort ist zwar nicht alles biologisch angebaut, und man muss in den Supermarkt gehen, aber für den halben Preis mag man das in Kauf nehmen. Der Kauf auf dem Wochenmarkt entspricht preislich schon eher den Boxen. Mit rund 4,20 Euro pro Kilo liegt die Alternative frisch vom lokalen Bauern aber immer noch am unteren Rand des Kistenpreisspektrums.


Im Test hat die Box von „Lebe gesund“ am meisten überzeugt. Wirkliche Ausreißer – positiv oder negativ – gab es ansonsten nicht. Wer mit dem höheren Preis und der teils etwas umständlichen Lieferung leben kann, dem verheißen die Boxen tatsächlich Spaß und Abwechslung in der Küche.

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