"Die große Frage ist: Was bringt es wirklich vor Ort?", sagt Benjamin Haas. Er forscht an der Uni Köln zu Freiwilligendiensten und beobachtet seit etwa zehn Jahren, dass profitorientierte Anbieter auf den Markt drängen. Sie bieten flexible, kurze Freiwilligendienste aus dem Katalog. Haas warnt vor diesen Angeboten. Insbesondere wenn es um Arbeit mit Kindern geht. "Dann geht es um Fragen von Entwicklungspsychologie und Bindungen". Ein kurzer Aufenthalt könne da viel Schaden anrichten, bringe wenig und nütze nur dem Freiwilligen.
Armutsorientiertes MarketingDie profitorientierten Anbieter bieten zum Teil Kombiangebote, die eine Reise mit einem Freiwilligeneinsatz verbinden. Sie erwecken den Eindruck, dass es möglich wäre in kurzer Zeit etwas zu verändern. "Da geht es nur darum, den Freiwilligen ein gutes Gefühl zu geben. Ich halte das für eine Farce. Wirkliche Veränderung in zwei Wochen, das ist absoluter Quatsch", betont Benjamin Haas. Noch dazu werde die Armut der Menschen fürs Marketing ausgenutzt. Nach dem Motto: Diesen Menschen kannst du wirklich helfen. Auch die Umwelt bleibe bei kurzen Einsätzen in fernen Ländern auf der Strecke.
Kurze Freiwilligendienste können sinnvoll seinAuch zivilgesellschaftliche Organisationen (Vereine oder Non-Profit-Organisationen) bieten kurze Freiwilligendienste, weil die Nachfrage groß ist. "Es muss alles ein bisschen schneller gehen. Freiwilliges Engagement soll in den Lebenslauf, darf aber nicht zu viel Zeit kosten", fasst Benjamin Haas zusammen. Weniger kritisch sieht das Linda Hospes. Sie war schon als Schülerin mit Experiment e.V. in den USA und arbeitet heute ehrenamtlich im Verein mit. "Gerade für Menschen, die es vielleicht zum ersten Mal ins Ausland zieht, kann ein kurzer Aufenthalt ein guter Start sein", sagt sie und ergänzt: "Viele, die für kurze Zeit in Ausland gehen, machen das danach noch ein zweites oder drittes Mal - häufig für länger." Sie selbst war auch im Berufsleben schon zwei Mal für wenige Wochen als Freiwillige im Ausland. Entscheidend seien eine gute Vor- und Nachbereitung, die Betreuung und eine gute Auswahl der Projekte vor Ort.
Was macht einen guten Anbieter aus?Vor- und Nachbereitung sind auch für Haas essenziell. Nur so können sich die Freiwilligen ausführlich und in Gänze mit dem Projekt und dem Gastland auseinandersetzen. Das Projekt müsse ein Partner und kein Dienstleister sein und das am besten seit vielen Jahren. "Gute Anbieter bieten wenig im Bereich Kinder und Jugendliche an und wenn dann für eine längere Zeit."