Gabriel Hartmann

Journalist, Wien | München | Kocaeli

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Erdbeben in der Türkei: Städte versinken im Chaos

Titelbild: AAREF WATAD / AFP / picturedesk.com

Nach zwei schweren Erdbeben in der Südtürkei und in Nordsyrien wird befürchtet, dass die Zahl der Todesopfer noch deutlich anwachsen wird. ZackZack hat türkische Medien und Warnungen darin zur schrecklichen Lage durchforstet.


Antep/Wien | Um 04:17 Uhr schliefen die meisten Menschen in der Südtürkei noch, als am Montag in Kahramanmaraş im Bezirk Pazarcık die Erde zu beben begann. Das Erdbeben der Stärke 7,8 dauerte fast zwei Minuten. Es war eines der stärksten Beben in der Türkei seit Beginn der Messungen. Das erste Beben löste am Montag noch ein zweites Beben um 13:24 Uhr der Stärke 7,7 im Bezirk Elbistan aus. Beiden folgten insgesamt hunderte Nachbeben.

Die türkischen Behörden baten sofort offiziell um internationale Hilfe, doch die Rettungsarbeiten werden durch harsche Witterungsbedingungen erschwert. In Gaziantep waren in der Nacht die Temperaturen auf minus Fünf Grad gefallen, was die Überlebenswahrscheinlichkeiten von Verschütteten drastisch minimiert.

Ein Dutzend türkische Städte wurden direkt getroffen. Nach Angaben der WHO sind insgesamt über 23 Millionen Menschen in der Türkei und Syrien von den Folgen der Beben betroffen.


Kritik an Katastrophenschutz

Der Direktor der Katastrophenschutz-Behörde (AFAD) Orhan Tatar wird für seine Aussagen kritisiert, seine Behörden habe bereits alle betroffenen Gebiete erreicht und die Situation sei unter Kontrolle. Tatsächlich aber harrten Menschen an verschiedenen Orten lange ohne jede Hilfe von außen aus, beziehungsweise begannen die Rettungsarbeiten alleine, indem sie versuchten mit bloßen Händen ihre Liebsten aus dem Schutt zu räumen.

Aus der Stadt Adıyaman kommen Hilferufe, mehr Rettungsteams zu schicken, um weitere tausende Verschüttete zu befreien. Derweil versuchen sich die Überlebenden dort verzweifelt mit Wasser zu versorgen und sich mit Brennholz warm zu halten. Laut der Bürgermeisterin Fatma Şahin der Stadt Gaziantep ist die Hälfte des Bezirk İslahiye, in dem 60.000 Menschen lebten, zerstört. Die historische Burg von Antep wurde schwer beschädigt.


Großbrand im Hafen

Die ebenfalls schwer getroffene Provinz Hatay war vom Strom und Internetnetz abgeschnitten, sodass lange kaum Nachrichten nach draußen drangen. Im Hafen von İskenderun ist ein Großbrand ausgebrochen, nachdem Container umgekippt waren. Auch hier: Die Rettungsarbeiten von AFAD laufen Berichten nach kaum an.

Handynetze nicht überlasten

Die Bevölkerung wird dazu angehalten, ihre Handys so gut wie nicht zu nutzen, um Verschütteten den Netzempfang zu erleichtern. Mehrere Zufahrtsstraßen wurden gesperrt, um die Rettungsarbeiten zu priorisieren, bis zu drei Flughäfen wurden beschädigt. Derweil wurde laut AFAD in Adana ein Logistikzentrum eingerichtet.

Um etwaige Verwirrung um Namen vorzubeugen: Städte wie Antep, Maraş und Urfa haben Namenszusätze bekommen, um an die Besatzungszeit und den türkischen Unabhängigkeitskrieg zu erinnern. Kahramanmaraş bedeutet heldenhaftes Maraş, Gaziantep bedeutet kämpfendes Antep und Şanlıurfa ruhmreiches Urfa.


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