32 Abos und 8 Abonnenten
Artikel

"Die Meinungsfreiheit wird stranguliert"

Hat Achtung vor jedem "ehrlichen Schlepper": Michael Genner, Obmann der österreichischen NGO "Asyl in Not"

Ein Österreicher muss sich wegen der Aussage "ehrlicher Schlepper" vor Gericht verantworten


Michael Genner spielt gerne mit dem Feuer. Das sagt er selbst. Als Obmann der österreichischen NGO "Asyl in Not" hat er es sich zur Aufgabe gemacht, Flüchtlingen zu helfen. Dabei muss sich Genner immer wieder mit der Obrigkeit anlegen.

So wie er es unlängst getan hat, als er auf der Website von "Asyl in Not" folgende Zeilen veröffentlichte: "Vor jedem ehrlichen Schlepper, der saubere Arbeit macht (...) habe ich Achtung". Schlepper seien Dienstleister, die eine sozial nützliche Tätigkeit verrichteten und dafür auch Anspruch auf ein angemessenes Honorar hätten.


Für diesen Blog-Eintrag drohen ihm nun bis zu zwei Jahre Gefängnis. Ein Leser erstattete anonym Anzeige gegen Genner, die Staatsanwaltschaft leitete ein Verfahren ein. "Billigung einer Straftat" heißt das Delikt. Den Tatbestand erfüllt, wer öffentlich eine Straftat gutheißt und dadurch das allgemeine Rechtsempfinden "empört" oder zur Begehung einer strafbaren Handlung "aufreizt".


"Das ist ein politischer Paragraf. Er sieht nicht einmal eine Geldstrafe vor, sondern nur Gefängnisstrafen", sagt Genner. Ulrich Dost-Roxin, Rechtsanwalt in Berlin, gibt ihm Recht: "Die Anklage ist höchst politisch: Solche Meinungen sind nicht gern gesehen, also wird die oftmals nur auf dem Papier stehende Meinungs- und Pressefreiheit mit dem Strafrecht stranguliert."


In Deutschland könnte Genner für einen solchen Artikel auch verfolgt werden: § 140 des deutschen Strafrechts verbietet ebenfalls die "Billigung von Straftaten". 2011 stand eine prominente Deutsche im Verdacht, dieses Delikt begangen zu haben: Kanzlerin Angela Merkel. Der Hamburger Richter Heinz Uthmann erstattete Anzeige gegen sie, weil sie öffentlich ihre Freude über die Tötung Osama Bin Ladens zum Ausdruck gebracht hatte. Die Anklage verlief im Sand.


Michael Genner ist kein mächtiger Politiker. In seinem Fall könnte die Sache anders ausgehen. Doch er sieht der Verhandlung gelassen entgegen: "Ich habe schon so viele Prozesse hinter mir. Ich hab sie alle überstanden", sagt er. Die Verhandlung findet am 6. Februar am Landesgericht für Strafsachen in Wien statt.

Zum Original