Regine Glaß

Freelance Journalist, Translator and Author, Göteborg

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Alentejo

© Shutterstock / Madrugada Verde

Die Form ähnelt der von Birnen - doch ihre leuchtende Farbe ver­-rät sie: Laranja Pêra ist ­eine Orangensorte. Sie wächst im Alentejo. Die Region macht zwar etwa die Hälfte der Fläche Portugals aus, aber nur ­etwa fünf Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner des südeuropä­ischen Landes leben hier. Wer nach dem Ende der Regenzeit im März oder Anfang April anreist, kann in der sanften Hügellandschaft durch üppig gefüllte Orangenhaine wandern. Jetzt leuchtet auch der Mohn rot und die Weinreben bekommen bereits erste zarte Blüten.

Patricia Lozano de Castro, Besitzerin der Orangenfarm Quinta das Rato­eiras in Tief-Alentejo, verrät: „Im März ist die beste Zeit, um die birnenförmigen Apfelsinen zu pflücken." Laranja Pêra erreicht dann einen Reifegrad, der sie süß und klebrig macht - perfekt für einen frisch gepressten Saft oder den Genuss direkt vom Baum. Die drei Apfelsinensorten der Region Alentejo, New Hall, Laranja und Valencia Late, hängen in den Frühlingsmonaten in leuchtendem Orange an den Bäumen. „New Hall", so Lozano de Castro, „schmeckt im Januar am besten, Laranja Pêra hat im März ihre Reife erlangt und Valencia Late bekommt, wie der Name schon sagt, erst im Mai und Juni ihren besten Geschmack."

Im Gegensatz zum Wein, für den die Region international bekannt ist, sind die portugiesischen Orangen kein Exportschlager. Zudem stammen 70 Prozent der in Portugal geernteten Orangen aus der Algarve. Patricia Lozano und ihr Mann Pedro Luiz de Castro bauen die Orangen inzwischen nur noch für ihre Gäste sowie Freundinnen und Freunde aus Lissabon an. Sie haben kein Interesse daran, die Produktion durch Pestizide zu steigern. Oder, wie in anderen Teilen Portugals und Spaniens üblich, die Bäume dichter zu pflanzen und somit ­eine Monokultur zu schaffen.

Stattdessen lassen sie ihre Besucherinnen und Besucher nach Lust und Laune Orangen ernten. „Unsere Gäste empfinden es als Privileg, die Früchte pflücken zu können", so Lozano de Castro. Das Farmhaus im Alentejo kaufte das Paar 1993 eigentlich zunächst als Sommerhaus für sich selbst. Sie erweiterten es stetig um Land. Aus den ehemals 6 wurden schließlich 44 Hektar mit 500 Orangen- und 800 Olivenbäumen. Seit 2015 heißen sie zusätzlich Gäste in Ferienwohnungen willkommen. Doch lange Zeit war das Anwesen für die mexikanisch-portugiesische Familie mit zwei Kindern vor allem ein Zufluchtsort aus dem Großstadttrubel Lissabons.

An den Weinplantagen vorbei wandert man zu den Ruinen eines ehemaligen römischen Wohnhauses, erbaut im zweiten Jahrhundert nach Christus. „Als meine heute erwachsenen Kinder noch klein waren, spazierten wir in den Sommern oft zu den Ruinen", erzählt Lozano de Castro. Mönche weihten das Gebäude im späten Mittelalter zum christlichen Kloster „São Cucufate" um. Christliche Freskenmalereien sind an den Wänden noch heute gut erhalten. Große, flache Steine zeugen von der antiken Verarbeitung von Oliven zu Öl. Römischer Alltag zeigt sich außerdem an den gut erhaltenen Ruinen des Haupthauses und einer Zisterne - von den Einwohnerinnen und Einwohnern Swimmingpool genannt. Weiter geht die kleine Wanderung zur einsam auf einem Hügel gelegenen Kapelle St. Antonius. Von hier aus hat man einen herrlichen Blick über die grüne Landschaft des Alentejo. Fußläufig erreichbar ist der Ortskern des Dorfes Vila de Frades, dessen Marktplatz zahlreiche Orangenbäume zieren. An Gebäuden rund ums Zentrum finden sich die typischen portugiesischen Kuhglocken des Alentejo. Patricia Lozano de Castro erzählt, dass immer mehr Menschen, etwa ihre deutsche Nachbarin, sich auf den Weg zu einem einfacheren Leben auf dem Land machen: „Zwischen den Orangenbäumen hier habe ich meinen Frieden gefunden."


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Alentejo | Apotheken Umschau (apotheken-umschau.de)

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