Regina Magdalena Smrcka

Fach-Journalistin, Texterin, PR-Assistentin, Wien

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Gegen Konflikte in der Familie: Bindung, Beziehung, Beratung

Nach einem langen Arbeitstag holt eine junge Mutter gehetzt ihre Tochter von der Krippe ab. Sie wäre lieber länger in Karenz geblieben, fühlte sich jedoch von ihrer Umwelt sowie den gestiegenen Lebenshaltungskosten dazu gedrängt, wieder arbeiten zu gehen. Kaum zu Hause angekommen, wird ihre müde Zweijährige nach einem nicht erfüllten Wunsch wütend und beginnt laut zu weinen. Ihre Mutter versucht sie zu beruhigen, doch auch sie ist erschöpft und kann gerade nicht ausreichend auf die Gefühle ihrer Tochter eingehen.


Beispiele wie dieses kann Daniela Pichler-Bogner viele nennen. Die Pädagogin ist Obfrau der Pikler-Hengstenberg-Gesellschaft und bietet in diesem Rahmen Familienberatung sowie Aus- und Weiterbildungen für Menschen an, die in der frühkindlichen Erziehung arbeiten. Die Frau aus ihrem Fallbeispiel gehöre zu jenen Eltern, denen es schwerfalle, ihre Kinder in den ersten drei Lebensjahren in eine Tagesbetreuungseinrichtung zu geben. „Diese Eltern spüren intuitiv, dass ihre Kinder von der Entwicklung her noch nicht reif für die Gruppensituation sind", meint Pichler-Bogner.


Die Pikler-Pädagogik geht auf die österreichisch-ungarische Kinderärztin Emmi Pikler zurück und davon aus, dass wenige ständige Bezugspersonen den Sozialisationsprozess am besten unterstützen. Bewältigen Kinder in diesem Alter bereits den Alltag in einer Gruppe, stehen sie gleichzeitig vor der Aufgabe der sekundären Sozialisation. 


In Betreuungseinrichtungen brauchen sie laut Pichler-Bogner daher stabile Bezugspersonen, die bereits in der Eingewöhnungsphase vor der ersten längeren Trennung von Mutter oder Vater eine gute Beziehung zum Kind aufbauen und so den Eltern die Sicherheit vermitteln können, dass dieser Prozess für ihr Kind zu bewältigen ist. Wichtig seien auch eine dem Alter der Kinder angemessene Gruppengröße sowie eine gute Beziehung zwischen Betreuer(inne)n und Eltern. Es gehe um Qualität, die es Eltern leichter mache, ihr Kind in Betreuung zu geben, so Pichler-Bogner.


  Konflikte vorbeugen

Sie formuliert damit eine Forderung, die der Berufsverband der Elementarpädagog(inn)en, das Netzwerk Elementarbildung Österreich (NEBÖ), nicht zuletzt seit der Pandemie verstärkt an die Öffentlichkeit trägt. Nach welchem Schlüssel Kinder betreut werden, ist in Österreich Ländersache. Das NEBÖ fordert eine Fachkraft pro sechs Kinder unter drei Jahren. Derzeit sind acht bis maximal 16 Kinder in Kleinkindgruppen möglich, abhängig vom zuständigen Bundesland. Zu den unterschiedlichen Bedingungen kommt schon jetzt ein akuter Personalmangel. Eine Studie der Universität Klagenfurt aus dem Vorjahr rechnet vor: Bis 2030 fehlen mehr als 13.500 Fachkräfte. Bei empfohlenem Betreuungsschlüssel ist gar von 20.000 fehlenden Mitarbeiter(inne)n die Rede.


Auf der anderen Seite stehen die Eltern. Um Berufstätigkeit und Kinderbetreuung unter einen Hut bringen, sind sie meist auf das Betreuungsangebot angewiesen. Nicht alle kommen damit zurecht und verlieren sich mitunter in einer Stressspirale aus gesellschaftlichem Druck, finanzieller Belastung und zwischenmenschlicher Entfremdung. Die Folge sind Familienkonflikte.


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