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Serie Wasserspiele: Motorboote und Wasserki auf der Weser

Je nach "Manpower" bemühen sich die beiden Bootsverleiher, individuelle Events auf die Beine zustellen. Foto: Christina Kuhaupt

Versteckt, vorbei am Hemelinger Industriegebiet, hinter dem Deich liegt der Yachthafen, in welchem die Leihboote von Gerhard Buzzi und Mario Stephan liegen. Vier dieser Motorboote können sogar von unerfahrenen Freizeitkapitänen gemietet werden, denn „bis 15 PS braucht man keinen Führerschein, um ein Boot zu bewegen", sagt Mario Stephan.

Die Geschwindigkeit auf einem Boot ist nicht vergleichbar mit dem gleichen Tempo in einem Auto. Da ist der Wind, der ins Gesicht schlägt, die Blutzirkulation anregt und die Wangen kribbeln lässt. Da ist die Geräuschkulisse, wie in einem Sturm. Da ist die Landschaft, die vorbei rast. Da ist das Lenkrad, das leicht zittert. Und da sind außerdem die Füße, die nach einer Weile fast wie taub wirken - aufgrund der dauerhaften Vibration des Motors.


Stephan ist im vergangenen Jahr mit seinem eigenen Bootsverleih, der eine Bucht weiter lag, in Buzzis Charterbetrieb „Bootcharter Bremen" eingestiegen. Diese Saison ist die erste gemeinsame. „Mieter ohne Bootsführerschein werden vorher richtig eingewiesen, sowohl an Land, als auch auf dem Wasser", sagt Stephan.

20 Minuten dauere die Einführung, danach könnten die Hobbyskipper die Weser erkunden. Gefährlich sei es nicht, die Boote an Laien abzugeben: „Ehrlicherweise muss ich sagen, dass die, die zum ersten Mal Motorboot fahren, am wenigsten kaputtmachen."

Starke Wellen vermeiden

„Am besten über den Bug einsteigen", sagt Buzzi. Das Motorboot wackelt, liegt aber noch vertaut im Hafen. Alle an Bord, das Boot wird abgeleint, der Fender eingeholt. Fender, so heißt der mit Luft gefüllte Schutzkörper, der zwischen Boot und Steg klemmt. Er schützt das Gefährt vor Beschädigungen durch Stöße. Um starke Wellen zu vermeiden, lenkt Buzzi das Boot mit Schrittgeschwindigkeit aus dem Hafenbecken, ehe er, auf der Weser angekommen, richtig aufdreht.

35 Kilometer in der Stunde dürfen Boote auf Binnengewässern, wie es die Weser oberhalb der Eisenbahnbrücke am nördlichen Rand der Innenstadt ist, fahren. Die Geschwindigkeit klingt erst einmal nicht besonders schnell, eher gemütlich. Dass Adrenalin ausgestoßen werden kann, damit rechnet man nicht.

Im ersten Moment beängstigend

Links und Rechts des Bootes sind grüne und rote Bojen, sie zeigen die Fahrrinne, den Teil der Weser, der tief genug für den Boots- und Schiffsverkehr ist. Der Kapitän muss bei der Fahrt darauf achten, das Boot innerhalb dieser Rinne zu steuern. Bei voller Geschwindigkeit zu spüren, wie das Boot auf jede noch so kleine Bewegung des Lenkrads reagiert, wirkt im ersten Moment beängstigend.

Ob das Boot denn auch umfallen könne? „Nein. Lustig ist, dass sich diese Fragen eher Frauen als Männer stellen", sagt Buzzi. Verlässt der Kapitän allerdings die Fahrrinne, ist es gut möglich, dass das Boot im dann flacheren Wasser den Grund küsst - und das kann teuer werden.

Das passiere vor allem jenen Fahrern, die frisch ihren Führerschein bestanden haben. Bei Übermütigkeit und fehlender Praxis komme es sehr schnell dazu, dass das Schiff auf Steine träfe und die Schraube kaputt gehe. „In dieser Saison hatten wir reichlich Havarien", sagt Buzzi. Bis zu 1200 Euro Selbstbeteiligung koste das die Mieter; der Betrag decke die Reparaturen, die noch nicht von der Vollkaskoversicherung übernommen würden.


Gerade beim Auf- und Abstranden, also beim Weg zum Strand hin und vom Strand weg, käme es zu solchen Fahrfehlern. „Die Ausrede, die wir immer wieder hören, ist die, dass mitten in der Fahrrinne plötzlich ein Stein gewesen sei, der die Schraube kaputtgemacht habe", sagt Stephan. Das könne allerdings nicht sein. Vielmehr geht er davon aus, dass die Mieter zu früh Vollgas gegeben hätten, bevor sie nach dem Landgang wieder in der Fahrrinne angekommen seien.

Wer Spaß an Geschwindigkeit, am Achterbahn- oder Motorradfahren hat, der kommt auch beim Motorbootfahren auf seine Kosten. Gerade enge Kurven, die mit voller Geschwindigkeit angefahren werden, lassen das Herz schneller klopfen. Der Adrenalinpegel steigt, ein Lächeln schleicht sich aufs Gesicht, und die Augen beginnen zu glitzern.

An die Regeln halten

Neben dem Büro, einem Wohnwagen mit Vorzelt direkt neben dem Hafengelände, auf einem grünen Balkontisch, präsentieren die beiden Bootsverleiher zerstörte Schrauben: An einer fehlen zwei der drei Blätter, die andere sieht aus wie eine moderne Skulptur, mit Verdrehungen und Windungen im Metall. Halte man sich aber an die Regeln, beachte man die Tipps und Tricks der Bootprofis, könne eigentlich nichts passieren.

An Bord der Boote gibt es Schutzwesten für alle Passagiere. Erwachsene müssen diese nicht tragen, Kinder allerdings dürfen ohne Weste nicht aufs Boot. Unpassend wie im Straßenverkehr, aber nicht verboten: Alkoholkonsum. „Ein Glas Sekt geht schon klar", sagt Buzzi. „Allerdings hatten wir hier auch schon Gruppen, die sich für fünf Personen 20 Flaschen Bier mitgebracht haben", ergänzt Stephan, „die Flaschen haben wir dann hier im Büro untergestellt." Hunde dürfen mit aufs Boot, allerdings wird dafür eine Reinigungsgebühr verlangt. „Die haaren immer so", sagt Buzzi. In der aktuellen Zeit würden die Motorboote außerdem nach jeder Rückgabe desinfiziert, das sei Vorschrift.


Die Route, die die Freizeitkapitäne einschlagen können, ist insofern vorgegeben, als dass nur eine Richtung ohne Schleuse befahrbar ist: von Hemelingen nach Achim, unter der Eisenbahnbrücke durch, vorbei am Wildsee. Dieser See ist bis zu 20 Meter tief, das Wasser tiefblau. Dort liegen Yachten vor Anker, die auch vor den schicken Häfen der Balearen liegen könnten. „Ohne Boot kommt man hier nicht hin", erklärt Buzzi. Ähnlich verhalte es sich mit vielen schönen Badestellen. So gebe es weserauf- und -abwärts weiße Sandstrände, von denen nur die eingeschworene Gemeinde der Bootsfahrer wisse. Dadurch, dass der Bootsverleih hinter der Schleuse liege, habe das Wasser eine großartige Qualität. „Wir bieten auch Schleusentraining an - aber nur für erfahrene Fahrer, wenn nach ihnen niemand mehr das Boot gemietet hat", sagt Stephan.

Die Motorbootsaison geht von April bis Ende September, in diesem Jahr allerdings startete der Verleih coronabedingt erst am 18. Mai. Im Oktober werden dann alle Boote aus dem Wasser geholt und in ihr Winterquatier gebracht. „Wir haben dafür eine Halle", erklärt Stephan. Neben der einfachen Vermietung bieten Buzzi und Stephan auch Jungesellenabschiede, Firmenevents und Ähnliches an. „Menschen, die Lust auf ein Abenteuer haben, können einfach anrufen. Dann überlegen wir uns schon etwas", sagt Buzzi. Prinzipiell sei das Zweierteam flexibel in seinen Angeboten.



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