Die Fotovoltaik ist klimafreundlich, sauber und günstig - benötigt aber viel Platz: Um in einem Toaster sein Brot zu rösten, braucht man beispielsweise sechs bis acht Quadratmeter Modulfläche. Volle Sonneneinstrahlung vorausgesetzt.
Um die CO2-Emissionen des gesamten Energiesystems auf null zu bringen, müsste die Fotovoltaik massiv ausgebaut werden. Nicht nur auf Dächern, sondern auch am Boden: Das Öko-Institut und Prognos haben ausgerechnet, dass dafür bis 2050 auf 0,2 Prozent der Fläche Deutschlands Solarparks errichtet werden müssten. Das sind 714 Quadratkilometer, vier Fünftel der Fläche Berlins.
Bei diesem Szenario gehen die Experten zusätzlich von einem sehr starken Ausbau der Windenergie an Land aus. Fällt der geringer aus und gibt es keine anderen Ideen, sind gar Solarparks mit einer Gesamtfläche von 1.786 Quadratkilometern nötig.
Freie Flächen sind im dicht besiedelten Deutschland allerdings knapp. Die Fotovoltaik konkurriert mit anderen Formen der Landnutzung, allen voran der Landwirtschaft. Damit drohen Akzeptanzprobleme, ähnlich wie bei der Windenergie.
Module verhindern Austrocknen des BodensDas ist Anreiz genug für die Solarindustrie den sich abzeichnenden Flächenkonflikt durch neue Konzepte zu entschärfen. Dabei setzt die Branche vor allem auf die Agro-Fotovoltaik - die Kombination von Stromerzeugung und Landwirtschaft.
Wie das aussehen könnte, zeigt ein Pilotprojekt auf einem Biobauernhof in Heggelbach nahe dem Bodensee. Hier hat das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) zusammen mit Partnern eine Fotovoltaik-Anlage über einem Acker errichtet. In höherer Lage erzeugen Module Strom, unten wachsen Weizen, Kartoffeln, Kleegras und Sellerie.
Unter den fünf Meter hohen Gestellen bleibt genug Raum für Traktoren, und die Module lassen einen Teil der Sonneneinstrahlung und ausreichend Regen zum Boden durch.
Nach drei Jahren Betrieb zeigt sich, dass die Fotovoltaik die Ernteerträge kaum beeinträchtigt. Im Hitzesommer 2018 lagen sie sogar höher als auf einer Referenzfläche - vor allem weil der Schatten der Module dafür sorgte, dass der Boden nicht allzu sehr austrocknete.
Besonders interessant ist dieses Konzept für den Obst- und Weinbau, sagt Maximilian Trommsdorff, Projektleiter Agro-Fotovoltaik beim Fraunhofer ISE. "Hier wird schon heute viel Geld für den Schutz vor Hagel, Starkregen und zu viel Sonneneinstrahlung ausgegeben. Diese Aufgaben kann die Fotovoltaik übernehmen."
Senkrechte Montage schafft PlatzEinen anderen Ansatz verfolgt das Next2Sun: Das Unternehmen aus dem Saarland installiert Module nicht wie üblich zur Sonne geneigt, sondern senkrecht. Das spart viel Platz. Der breite Zwischenraum bleibt frei für die Landwirtschaft.
In den Anlagen von Next2Sun sind die Module - die auch Strom erzeugen können, wenn Licht auf ihre Rückseite fällt - meist in Ost-West-Richtung orientiert. So liefern sie morgens und abends Strom, wenn der Bedarf am höchsten ist. Die Sonne steht dann tiefer, ein Vorteil für die senkrechten Module.
Sieben Anlagen hat das Unternehmen bereits gebaut. Landwirte ernten zwischen den Modulen Heu und Silage. In Österreich verwendet ein Geflügelhof die Modulreihen als Zaun für die Hühnerhaltung. Auch Rinder und Kühe können in einer solchen Anlage gehalten werden. "Man muss nur aufpassen, dass die Kabel außerhalb der Reichweite der Tiere liegen, sonst werden sie angeknabbert", sagt Geschäftsführer Heiko Hildebrandt.
Landwirte verlieren SubventionenDas Fraunhofer ISE beziffert das technische Potenzial der Agro-Fotovoltaik in Deutschland auf etwa 1.700 Gigawatt - ein Vielfaches dessen, was für ein klimaneutrales Energiesystem 2050 nötig ist.
Allerdings stehen der Agro-Fotovoltaik einige rechtliche Hürden entgegen. So verlieren Bauern ihre Ansprüche auf EU-Subventionen, wenn sie Landwirtschaft mit Fotovoltaik koppeln. "Das könnte die Bundesregierung mit einer Änderung der entsprechenden Verordnung aber ändern", sagt Hildebrandt. Zudem müssten die Bundesländer mehr Agrarflächen für Solarparks ausweisen.
Schwimmende ModuleWenn Land knapp ist - warum dann nicht aufs Wasser ausweichen? Dieser Gedanke steht hinter dem Konzept der "Floating PV": Fotovoltaik-Module werden auf schwimmende Gestelle montiert, die am Grund oder Ufer von Seen verankert werden.
"Wegen der Kühlung der Module durch das Wasser liefern Anlagen auf Seen gut zwei Prozent mehr Strom als vergleichbare Systeme an Land", sagt Benedikt Ortmann, Leiter der Solarsparte von Baywa Re. Das Münchner Unternehmen hat gerade in den Niederlanden die weltweit größte schwimmende Solaranlage außerhalb Chinas gebaut.
Dem Mehrertrag stehen allerdings um 15 bis 20 Prozent höhere Installationskosten gegenüber. Dafür ist der Betrieb von Anlagen auf Seen günstiger. Wenn die Anlage für einen langlebigen Betrieb ausgelegt ist, kann sich das über die Zeit ausgleichen, so Ortmann.
Solarparks auf Tagebau-SeenIn Deutschland gibt es seit vorigem Sommer eine erste Anlage dieser Art: Der Energiedienstleister Erdgas Südwest hat auf einem Baggersee bei Baden-Baden Module installiert, die ein Kieswerk mit Strom versorgen.
Auch Tagebau-Seen der deutschen Braunkohlereviere wären attraktive Standorte für schwimmende Solarparks. Das wirtschaftlich realisierbare Potenzial beträgt dort knapp drei Gigawatt, hat das Fraunhofer ISE berechnet. Bei voller Sonneneinstrahlung entspricht das etwa der Leistung von fünf Kohlekraftwerksblöcken.
Der Blick auf die Kohle relativiert auch den Platzbedarf der Fotovoltaik: Allein für die deutschen Braunkohle-Tagebaue hat die Kohleindustrie nach eigenen Angaben fast 1.800 Quadratkilometer in Anspruch genommen. Das entspricht etwa dem, was bis 2050 maximal an Fläche für Solarparks gebraucht wird.