Ralph Bauer

Freier Redakteur, Würzburg

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Ebolahilfe: Aufbruch ins Ungewisse

In einem bundesweit einmaligen Ausbildungscamp des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) werden in Würzburg freiwillige Helfer auf ihren Einsatz in den afrikanischen Ebola-Gebieten vorbereitet.

Ralph Bauer


Sabine Walter stehen die Schweißtropfen unter ihrer Augenmaske deutlich sichtbar auf der Stirn. Das Visier ist beschlagen, darunter trägt sie eine weiße Mundmaske. Die Regionalärztin des Auswärtigen Amtes für Westafrika steckt in einem gelben Schutzanzug mit dicken Gummistiefeln, ihre Finger schützen Handschuhe, die bis zum Ellenbogen reichen. In dem Zelt sind rund 40 Grad.

Gemeinsam mit zwei Kollegen simuliert sie die Behandlung einer Ebola-Patientin, konkret das Blutabnehmen. Plötzlich wehrt sich das Patientendouble jedoch, schlägt um sich und ist nur schwer zu bändigen. "Stop", ruft Ausbilder Norbert Gresser. Er belehrt die Übenden, in solch einer Situation zum Eigenschutz die Behandlung abzubrechen und zu warten, bis sich die Erkrankte beruhigt hat.

Was Gresser den Teilnehmern in Theorie und Praxis beibringt, soll sie fit machen für den Einsatz im westafrikanischen Ebola-Gebiet. Zwei Tage dauert das bisher in Deutschland einmalige Training in einem Zelt, das zuvor nur in Belgien und der Schweiz stattfand. "Die beste Schutzausrüstung nutzt immer nur so viel wie der Anwender geschult ist", sagt er. In einem ersten Pilotlehrgang haben sich seit Montag 17 schon für das DRK aktive Frauen und Männer, darunter zwei aus Österreich, das Rüstzeug geholt. Für sie ging es gestern als Erkundungstrupp nach Sierra Leone und Liberia. Wenn die Freiwilligen am 17. Oktober zurückgekehrt sind, wird konkret geplant, wer wann und wo gebraucht wird.

Laut DRK haben sich nach einem Aufruf an medizinisches Personal deutschlandweit rund 1300 Personen gemeldet, 254 bewarben sich auch förmlich, aber nur 73 erscheinen geeignet. "Die Mitarbeiter werden handverlesen", sagt DRK-Fachreferent Andreas Fabricius. Gefragt seien Mediziner wie auch Experten für Wassertechnik und Logistiker. "Das ist eine hochprofessionelle, aber auch gefährliche Arbeit", kommentiert Prof. August Stich, Tropenmediziner am Missionsärztlichen Institut in Würzburg. "Wenn sie da nur Ärzte haben, werden die schon am Aufbau der Zelte scheitern."

Für den Testlauf steht das Ausbildungszelt noch auf dem Gelände des "Missio", der erste "richtige" Lehrgang wird dann in einer Turnhalle der Region Würzburg laufen. Das Ausbildungscamp werde künftig wöchentlich angeboten, so lange sich Freiwillige finden und Ebola nicht besiegt ist.

Inzwischen hat Sabine Walter das Zelt verlassen. "Es ist gut, sehr gut", lobt sie die Einsatzsimulation. Sie war erst im Juli in Liberia - vor dem großen Ausbruch der Krankheit. Unter den Opfern sei ein Arzt, mit dem sie noch zusammen behandelt habe. Darum steht für sie Sicherheit an erster Stelle: "Selbstschutz ist immer wichtig." Um den zu gewährleisten, gerät das Aus- und Anziehen der Schutzanzüge zur Prozedur. Bis die Mitarbeiter drin stecken vergehen 20 Minuten, die Dekontamination nach Verlassen des Zeltes nimmt 15 Minuten in Anspruch. Wichtig: Immer wieder Hände waschen. "Das ist der gefährlichste Moment", sagt Maximilian Gertler von "Ärzte ohne Grenzen". "Denn die Anzüge sind hochgradig kontaminiert." Darum werden sie nur einmal verwendet, danach verbrannt.

Walter kennt solche Arbeit unter Quarantänebedingungen aus anderen Einsätzen in Afrika. Im konkreten Einsatz und mit Patienten sei man sicher noch konzentrierter, sagt sie. Angst vor dem Einsatz? "Natürlich geht man ein gewisses Risiko ein. Ich denke aber, dass es kalkulierbar ist, hoffe es."


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