Rainer Dr. Werning

Sozial- und Politikwissenschaftler & freier Publizist, Frechen-Königsdorf

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Philippinen: Man spricht wieder miteinander

Die philippinische Regierung unter Präsident Ferdinand Marcos Jr. und das linke Untergrundbündnis der Nationalen Demokratischen Front der Philippinen (NDFP) wollen ihre Friedensgespräche wieder aufnehmen. Eine entsprechende Vereinbarung trafen die Sonderemissäre beider Seiten am 23. November in der norwegischen Hauptstadt Oslo. Erst am vergangenen Dienstag wurde die Nachricht auf getrennten Pressekonferenzen in Manila sowie im niederländischen Utrecht öffentlich verkündet.

In Utrecht residiert ein Großteil der Exilführung der aus insgesamt 18 Mitgliedsorganisationen bestehenden NDFP - darunter die Kommunistische Partei der Philippinen (CPP) und deren Guerillaorganisation in Gestalt der Neuen Volksarmee (NPA). Seit 2001 hatte sich das norwegische Außenministerium anerboten, die politisch-diplomatische Schirmherrschaft über den innerphilippinischen Friedensprozess zu übernehmen.

In der in Oslo unterzeichneten gemeinsamen Erklärung einigten sich beide Seiten auf folgende Kernpunkte: Anerkennung aller schwerwiegenden sozioökonomischen und ökologischen Probleme und der Bedrohung der Sicherheit des Landes durch das Ausland - gemeint sind maritime Übergriffe seitens der Volksrepublik China- sowie die Notwendigkeit, sich als Nation zusammenzuschließen, um gemeinsame Herausforderungen anzugehen. Weiter sollen die Gründe des bewaffneten Konflikts beseitigt und eine friedliche Konfliktlösung erreicht werden. Dazu einigten sich beide Seiten auf einen gemeinsamen Rahmen, der die Prioritäten für die Friedensverhandlungen festlegt. Die Rede ist außerdem von entsprechenden sozioökonomischen und politischen Reformen.

Der diplomatische Erfolg geht offensichtlich auf eine Initiative des früheren Generalstabschefs der Philippinischen Streitkräfte, General Emmanuel T. Bautista, zurück. Seit Anfang 2022 hatte er das NDFP-Büro in Utrecht mehrmals besucht und wurde bei der Gelegenheit auch von dem am 16. Dezember 2022 verstorbenen José Maria Sison willkommen geheißen. Sison war Gründer der Ende 1968 nach maoistischem Vorbild geschaffenen CPP und langjähriger politischer Chefberater der NDFP während der Friedensverhandlungen mit insgesamt sechs Vorgängerregierungen.

Zuversichtlich zeigte sich derweil Marcos' Berater für Frieden, Versöhnung und Einheit, Exgeneral Carlito G. Galvez Jr., der ebenfalls als Generalstabschef gedient hatte. Die gemeinsame Erklärung bedeute keine "Wiederaufnahme" der Friedensgespräche, sondern markiere einen "Neubeginn". "Wenn man ›Wiederaufnahme‹ sagt, bedeutet das, dass etwas abgebrochen wurde. Dieses Mal werden wir neu beginnen", so Galvez Jr.

Im Juli 2016 hatte der damalige Präsident Rodrigo Duterte einen Waffenstillstand erklärt und im darauffolgenden Monat in Oslo erneut Friedensgespräche mit der NDFP aufgenommen. Ende 2017 torpedierte er diese jedoch mit der Begründung, die Kommunisten hätten - so wörtlich - "Gewalttaten und Feindseligkeiten gegen meine Soldaten und Polizisten verübt". Seitdem herrscht "Red-tagging" in einem Klima aufgepeitschten Antikommunismus vor, in dem Sozialaktivisten unterschiedlicher Couleur als "Kriminelle" und/oder "Terroristen" diffamiert beziehungsweise buchstäblich "zum Abschuss freigegeben" wurden.

Davon blieb die NDFP nicht ausgenommen. Aus diesem Grund mahnten der internationale Chefrepräsentant der NDF, Luis Jalandoni, und auch Julieta de Lima, Interimsvorsitzende des NDFP-Verhandlungsteams und Witwe Sisons, in einer Onlinepressekonferenz am vergangenen Dienstag unter anderem an, dass 15 unrechtmäßig inhaftierte NDFP-Berater - von insgesamt 800 politischen Gefangenen - freigelassen werden sollten, damit diese an den für Frühjahr 2024 avisierten Friedensverhandlungen teilnehmen können.

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