Rainer Dr. Werning

Sozial- und Politikwissenschaftler & freier Publizist, Frechen-Königsdorf

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Ostasien: Kein Friedensmodus in Sicht

Inmitten einer andauernden prekären Sicherheitslage in der Region Nordostasien fanden am vergangenen Donnerstag in der Demokratischen Volksrepublik Korea (DVRK, Nordkorea) aufwendige Gedenkfeiern anlässlich der Unterzeichnung des Waffenstillstandsabkommens von Panmunjom statt. Dadurch wurde zwar vor sieben Dekaden der erste "heiße Konflikt" im Kalten Krieg beendet. Doch zwei Besonderheiten dieses Abkommens bleiben: Es konnte bis heute nicht in einen Friedensvertrag überführt werden, und Südkoreas damaliger Staatschef Rhee Syngman verweigerte seine Unterschrift. Er wollte bis zum "Sieg über den Kommunismus" weiterkämpfen.

Pikanterweise galt es bei den Gedenkfeiern auf dem ausladenden Kim-Il-Sung-Platz in der Hauptstadt Pjöngjang ebenfalls zwei Besonderheiten: Als höchstrangiger ausländischer Gast posierte neben Nordkoreas Staatschef Kim Jong Un der eigens aus Moskau angereiste russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu. Die Volksrepublik China entsandte hingegen mit Li Hongzhong "nur" ein Politbüromitglied der Kommunistischen Partei Chinas. Im Koreakrieg waren es Hunderttausende chinesischer "Volksfreiwilliger", die auf nordkoreanischer Seite kämpften und einen Sieg der von den USA geführten Allianz aus 16 UN-Mitgliedstaaten vereitelten, während die damalige Sowjetunion lediglich Piloten von MiG- 15-Kampfjets mit nordkoreanischen Hoheitszeichen entsandt hatte.

Die DVRK hat damit erstmals seit Ausbruch der Covid-19-Pandemie ausländische Delegationen empfangen. Die Gäste kamen überdies in den Genuss, von Kim Jong Un persönlich Einblicke in Nordkoreas Waffenarsenal zu erhalten. Auf der feierlichen Militärparade am Abend des 27. Juli wurden unter anderem auch als Demonstration eigener Stärke Interkontinentalraketen vom Typ "Hwasong-17" und "Hwasong-18" präsentiert.

Die eigentliche Tragik des Koreakrieges bestand darin, dass er als Bürgerkrieg begann und aufgrund der exponierten geostrategischen Lage der Halbinsel internationalisiert wurde. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Korea als japanische Kolonie (1910-45) entlang des als künstliche Trennlinie gezogenen 38. Breitengrads in Nord und Süd geteilt - und nicht etwa Japan als Aggressor entsprechend bestraft. Während im Norden die Rote Armee das Sagen hatte, herrschte im Süden eine US-amerikanische Militärregierung. Und zwar bis zum Sommer 1948, als sich am 15. August die Republik Korea (Südkorea) und im Gegenzug am 9. September die DVRK konstituierten.

"In der Zeit vom 25. Juni 1950 bis zum 27. Juli 1953 kamen nach konservativen westlichen Schätzungen über 4,6 Millionen Koreaner ums Leben, einschließlich drei Millionen Zivilisten im Norden und 500.000 Zivilisten im Süden der Halbinsel", hieß es in dem am 23. Juni 2001 in New York verkündeten Urteil des Korea International War Crimes Tribunal unter dem Vorsitz des ehemaligen US-Justizministers Ramsey Clark. Und weiter: "Die Beweise für die US-Kriegsverbrechen, die diesem Tribunal präsentiert wurden, lieferten Augenzeugenberichte und Dokumente über Massaker an Tausenden Zivilisten, die von den US-amerikanischen Militärstreitkräften während des Krieges im Süden Koreas verübt wurden. Darüber hinaus gab es erdrückende Beweise für die kriminelle, teils genozidmäßig betriebene US-Politik im Norden Koreas, wo systematisch die meisten Häuser und Gebäude durch US-Artilleriefeuer und Luftangriffe in Schutt und Asche gelegt (...) und geächtete Waffen sowie biologische und chemische Kampfmittel im Krieg gegen seine Bevölkerung eingesetzt wurden."

Die Fronten zwischen den Protagonisten bleiben verhärtet - allen zwischenzeitlichen Annäherungen zum Trotz. Während in Nordkorea seit dem Krieg keine ausländischen Truppen stationiert sind, zeigen US-Truppen bis heute fortgesetzt Flagge im Süden. Allein gut 60 Kilometer südlich der Metropole Seoul befindet sich mit dem "Camp Humphreys" die weltweit größte US-Militärbasis außerhalb des nordamerikanischen Kontinents.

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