Worldcoin ist ein Projekt der Superlative: Zur Bekämpfung von Armut und KI-Gefahren soll die Iris jedes Menschen gescannt und eine Kryptowährung für ein globales Grundeinkommen eingeführt werden. Visionär oder grössenwahnsinnig? Ein Besuch in der Firmenzentrale.
In der Köpenicker Strasse in Berlin treffen Visionen aufeinander. Am Zaun der "Köpi", eines der wenigen verbliebenen Orte der Hausbesetzerszene, fordert ein verschlissenes Banner die "Betriebsrente für alle". 100 Meter weiter steht ein zum Workspace für Tech-Start-ups hochpolierter Industriebau.
In einem der oberen Stockwerke sitzt der 29-jährige Alexander Blania in einem Konferenzraum und redet über ein bedingungsloses Grundeinkommen, verteilt über eine Kryptowährung namens Worldcoin. Durch die Glasscheibe des Raums blickt man auf junge Menschen, die zwischen Betonsäulen und einer Bar mit veganen Proteinriegeln an der Zukunft basteln. Wie diese aussehen könnte, zeigt das silberne, kugelförmige Gerät auf dem Tisch, der "Orb". Er erzeugt mit Sensoren aus einem Scan der menschlichen Iris einen sogenannten Hashcode. Damit wollen Blania und seine Mitstreiter nicht weniger als die globale Armut bekämpfen und ein bankenloses Finanzsystem ermöglichen.
Von der retrofuturistischen Bowlingkugel mal abgesehen gibt es hier also zunächst wenig Neues, was die selten bescheidenen Versprechen von Kryptoprojekten betrifft. Bemerkenswert ist aber, dass Worldcoin trotz des zurzeit kleineren Interesses an Kryptovorhaben zuletzt zahlreiche Investoren angezogen hat: Erst im Mai sammelte Blanias Unternehmen - er ist CEO und Mitgründer - mit dem altruistisch anmutenden Namen "Tools for Humanity" 115 Millionen Dollar an Kapital ein.