Taiwan erhält aus den USA moderne Waffen, um sich vor China zu schützen. Doch die Streitkräfte haben ein grundsätzliches Problem: Dem Land gehen die jungen Menschen aus.
Wer in diesen Tagen im Zentrum von Taipeh wohnt, wird morgens um 6 Uhr vom Lärm der Kampfjets geweckt. In Vorbereitung auf den Nationalfeiertag am kommenden Montag üben die Piloten ihren Flug über den Amtssitz von Präsidentin Tsai Ing-wen, vor dem die alljährliche Militärparade stattfinden soll. Tsai will ein Zeichen der Stärke senden: Das Motto des Nationalfeiertags lautet "Gemeinsam die Nation verteidigen". Die Bürgerinnen und Bürger sollen genauso wie die Weltöffentlichkeit sehen, dass dem Militär alle Mittel zur Verfügung stehen, sich gegen die Bedrohung durch die Volksrepublik China zur Wehr zu setzen.
Doch die Streitkräfte der Inselrepublik haben ein Problem: Dem Land gehen die jungen, wehrfähigen Menschen aus. Das zumindest besagt ein Bericht des Legislativ-Staatsrats. Danach liegt die Zahl der potenziell wehrpflichtigen Bürger mit 11.800 auf dem niedrigsten Stand seit Jahrzehnten. Taiwans Geburtenrate sinkt seit Jahren, bereits jetzt ist sie die niedrigste der Welt - und es sieht nicht so aus, als ob sich daran in den kommenden Jahren etwas ändern würde. In den ersten neun Monaten dieses Jahres wurden erstmals mehr Hunde und Katzen registriert als Neugeborene, auf den Straßen Taipehs sieht man häufig junge Paare, die Schoßhündchen in einer Art Kinderwagen spazieren fahren.
Das Problem der niedrigen Geburtenraten teilt Taiwan mit seinen Nachbarn Südkorea und Japan - in allen drei Ländern hat eine auf Arbeit, niedrige Löhne und Überstunden fokussierte Gesellschaft bei gleichzeitig hohen Lebenshaltungskosten dazu geführt, dass unter jungen Menschen wenig Zeit bleibt, sich mit Familiengründung zu befassen. In Taiwan kommt zu den strukturellen Problemen noch die unsichere Zukunftsperspektive durch den Konflikt mit hinzu. So entspannt sich die Bewohner im Alltag auch geben - die zunehmende Aggression des Nachbarn wird in die eigene Lebensplanung miteinbezogen.
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