Philipp Süßmann

Redakteur, Content-Manager, Berlin

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Top 5: Fünf Top-Serien, die Du 2014 verpasst hast

Im starken Serienjahr 2014 gab es jede Menge Hits - doch Erfolg ist nicht gleich Qualität. Wir haben fünf Serien-Geheimtipps aus 2014 für Euch, die mehr Aufmerksamkeit verdient haben!

Es gibt mittlerweile Serien-Blockbuster, die bedürfen eigentlich keiner Promotion mehr. Wie redundant wäre es, an diesem Punkt noch darüber zu schreiben, warum die Leute The Walking Dead, Game of Thrones oder House of Cards ansehen sollen? Das tun ohnehin schon genug und das meiste ist zu diesen Themen eigentlich gesagt.

Aber in einem so prallgefüllten Jahr wie 2014 fallen natürlich auch einige Perlen unter den Tisch. Sei es, weil man sie in Deutschland nur auf Umwegen zu sehen bekommt, aber oft auch schlicht, weil die Kapazitäten begrenzt sind. Die meisten Menschen wollen nicht 30 Serien im Jahr konsumieren. Doch bevor man zum x-ten Male die 4. Staffel Big Bang Theory durchglotzt, weil einem die Inspirationen fehlen, möchte ich heute fünf Serien vorstellen, die mich in diesem Jahr begeistert haben. Und die in den Quoten/Twitter/Fandom-Charts leider nicht gegen Drachen, Zombies und Vampire bestehen können. Ein großartiges Sehvergnügen garantieren sie dennoch.

Utopia: Staffel 2 (Channel 4)

Schon die erste Staffel von Utopia konnte mit einem cleveren Konzept, aber noch viel mehr mit einer hochinteressanten Ausführung begeistern, Staffel 2 führte das 2014 hocherfolgreich weiter. Es gibt wohl wenig internationale TV-Serien, die optisch so interessant sind, wie dieser temporeiche Verschwörungsthriller. Alleine darüber, wie diese Show mit der Inszenierung von Farben, aber auch der Darstellung von Gewalt umgeht, könnte man mehrere ausführliche Essays verfassen. Dazu kommt eine großartige Besetzung mit famosen Gaststars, unter anderem treten in Staffel 2 Rose "Ygritte" Leslie ( Game of Thrones) und Ian "Emperor Palpatine" McDiarmid auf. Man füge noch eine ordentliche Brise pumpenden Elektro-Soundtrack und einem herrlich bösartigen Sinn für Humor hinzu - fertig ist die hochexplosive Mischung!

Neben Black Mirror gehört Utopia zum spannendsten, was die Briten in Sachen Fernsehen in den letzten Jahren zustande gebracht haben und das will bei dem englischen Niveau schon einiges heißen. Dass die Macher ein vollwertiges Finale auf den letzten Metern etwas verschenkt und trotzdem keine weitere Verlängerung erhalten haben ist zwar leicht ärgerlich, aber zu verschmerzen. David Fincher bereitet derzeit ein US-Remake der Serie vor. Darauf bin ich bereits jetzt wahnsinnig gespannt.

The Trip To Italy (BBC Two)

Schieben wir doch gleich den nächsten englischen Kandidaten hinterher: Doch wo in Utopia unglaubliche Mengen Blut vergossen werden, ist die einzige Flüssigkeit, die in den sechs Folgen von The Trip to Italy in rauen Mengen fließt, der Rotwein. Rob Brydon, Steve Coogan und Regisseur Michael Winterbottom setzen ihre kulinarischen Entdeckungsreise fort, haben sich diesmal allerdings deutlich sonnigere Gefilde ausgesucht, als das zugige Nordengland aus The Trip.

Das wunderbare an dieser TV-Reihe ist der Mix aus Leichtigkeit und Melancholie, mit dem Regisseur Winterbottom den Männertrip der beiden Komiker und Streithähne Coogan und Brydon inszeniert. Scharfsinnige und hochlustige Gesprächsduelle wechseln sich ab mit melancholisch-introspektiven Momenten, in denen es um universale Themen wie das Älterwerden und Selbstakzeptanz geht. The Trip to Italy ist tragikomisch im wahrsten Sinne des Wortes und wirkt trotzdem wunderbar leichtfüßig, was natürlich an den beiden Hauptdarstellern liegt. Ich wünsche mir sehr, dass Brydon, Coogan & Winterbottom noch einmal zusammenfinden und es ist eigentlich klar, wohin die Reise dann gehen muss: The Trip to America - come on, guys! Do it for me!

Einen ausführlichen Text zu The Trip & The Trip to Italy von mir gibt es bei Serienjunkies zu lesen.

Sensitive Skin (HBO Canada)

Für mich war Sensitive Skin eine der TV-Überraschungen des Jahres und wäre ich während meiner Zeit bei Serienjunkies.de nicht dazu verdonnert worden, eine Kritik auf den Piloten zu schreiben, ich hätte die Serie vermutlich gar nicht entdeckt. Produziert wird die Serie vom kanadischen Ableger von HBO und ist ein Remake einer gleichnamigen BBC-Show. Sensitive Skin ist eine bissig-komische Studie über das materiell-gesicherte Älterwerden am Beispiel des Ehepaares Davina ( Kim Cattrall) & Al ( Don McKellar). Das klingt zunächst etwas verkopft, aber diese erste Staffel ist so süffisant-witzig geschrieben und mit sichtbarem Vergnügen gespielt, dass man als Zuschauer regelrecht beschwingt wird davon. Und das gerade, weil sich Sensitive Skin, was den Humor angeht, sehr entschieden abhebt von der vergnügten, konformen Comedy/Sitcom-Inszenierung. Man lacht hier nicht laut, man grinst eher in sich hinein. Statt unter der Sonne Kaliforniens sitzt man eben auch im vereisten Toronto.

Für Humor dieses Couleurs ist in der aktuellen TV-Landschaft durchaus Platz. Ebenso für eine Serie, die sich dezidiert an erwachsene Zuschauer richtet und erwachsene Themen behandelt, wie die Angst vor dem Älterwerden, den Ausbruch aus der bürgerlichen Fassade, die Konfrontation mit anderen Lebensentwürfen, das existenzielle Scheitern. Keine Anbiederung an den jugendlichen Zuschauer, sondern eine selbstbewusste Linie. Schön, dass eine zweite Staffel bestellt wurde, ich werde sie einschalten!

The Americans Staffel 2 (FX)

Schon nach der ersten Staffel von The Americans hatte ich diese Serie tief ins Herz geschlossen und die zweite Staffel von FX's historischer Agentenhatz hat diese Zuneigung nur vertieft. The Americans hat einfach das Herz am roten...äh...Verzeihung, rechten Fleck: Während einerseits der Plot stets spannend und interessant bleibt, verliert die Serie nie den Fokus auf ihre Figuren. Deren Wünsche, Sorgen und Nöte treiben nicht nur den Plot, stets wird hier immer wieder reflektiert und ganz genau hingekuckt: Was geht in diesen Menschen vor?

Das Agentenbusiness hat in The Americans nahezu jeden Glamour eingebüßt, stattdessen nimmt sich die Serie ungemein viel Zeit zu zeigen, wieviel Schlimmes man in diesem "Beruf" anrichtet. Und gleichzeitig wurde gerade in Staffel 2 herausgearbeitet, wie nutzlos das alles ist. Das alles ist mit sehr viel Gefühl, Stil und Dramatik inszeniert und von den Hauptdarstellern perfekt getragen. Gerade Keri Russell zeigt in dieser Show, was für eine starke Darstellerin sie ist. The Americans führt leider gerade in Deutschland noch ein arges Nischendasein, aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass Qualität sich am Ende durchsetzt und endlich auch ein größeres Publikum mitbekommt, dass man etwas verpasst, wenn man nicht diese Serie kuckt. Man darf nicht vergessen: Für Breaking Bad hat sich die ersten drei Staffeln auch niemand groß interessiert.

Über die Serie habe ich bei Serienjunkies schon ausführlicher geschrieben. Kann man hier lesen.

Transparent (Amazon Studios)

Wie froh ich bin, gegen Jahresende noch auf dieses Juwel gestossen zu sein! Nachdem Amazon Studios mit seinen Serienproduktionen lange Zeit keinen Fuß in die Tür kriegte (oder kuckt hier jemand wirklich ernsthaft Alpha House?), haben sie mit Transparent endlich ihren ersten Volltreffer gelandet. Ein großartig geschriebenes und mit Riesen-Hingabe gespieltes Familiendrama auf mehreren Zeitebenen, welches hoffentlich noch viele Jahre fortgesetzt wird. Arrested Development-Star Jeffrey Tambor wird in der Hauptrolle als transexueller Opa noch viele Preise abräumen, sobald erst einmal genug Leute spitzgekriegt haben, wie großartig Transparent ist. Vielleicht ist es der beste Part, den er überhaupt jemals gespielt hat.

Aber auch der Rest des Cast ist eine einzige Wonne: Amy Landecker darf nach Jahren im Gaststar-Limbus endlich in vorderer Reihe zeigen, wie unverschämt talentiert sie ist, Gaby Hoffman ( Girls) ist ohnehin eine mireißende Charisma-Bombe und Sitcom-Veteranin Judith Light ( Wer ist hier der Boss?) ist als langsam vergreisende Mutti umwerfend. Einen besseren Cast kann man sich nicht wünschen. Und bessere erste 10 Folgen für ein erstklassiges Familiendrama auch nicht. Gottseidank hat Amazon erkannt, was sie hier haben und eine weitere Staffel bestellt. Ich kann sie schon jetzt kaum abwarten.

Welche Serien-Perlen haben Deiner Meinung nach mehr Aufmerksamkeit verdient? Wir freuen uns über Deinen Kommentar!
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