Gestern ging die Berlinale 2015 zu Ende und natürlich hagelte es zum Schluss etliche Preise für die Wettbewerbsfilme. Die ZDF-Koproduktion My Skinny Sister (Min Lilla Syster) ist dabei mit dem Gläsernen Bären für den besten Film ausgezeichnet worden. Die Jury, die sich aus für diesen Preis aus elf Kindern und sieben Jugendlichen zusammensetzt, teilte in ihrer Begründung mit, der Film mit der schwierigen Thematik berühre zutiefst durch die neue Perspektive und die beeindruckende schauspielerische Leistung. Die ausdrucksstarke Musik unterstreiche die tollen und schönen Bilder. Darüber hinaus erhielt der Film der Regisseurin Sanna Lenken eine lobende Erwähnung der Internationalen Jury in der Sektion Generation Kplus.
Hauptfigur in dem schwedischen Film ist die zwölfjährige Stella, die sich in ihren 36-jährigen Eiskunstlauflehrer Jacob verliebt hat. Sie widmet ihm leidenschaftliche, erotische Gedichte und gibt sich große Mühe im Eiskunstlaufunterricht zu glänzen, auch wenn ihr das nötige Talent dafür fehlt. Stella beneidet ihre große Schwester Katja, die ein echtes Eiskunstlauf-Talent und Jacobs Lieblingsschülerin ist. Die Zwölfjährige beginnt Katja nachzuahmen und findet heraus, dass Katja an einer Essstörung leidet. Als sie ihren Eltern davon erzählt, stellt das die gesamte Familie vor eine Zerreißprobe.
My skinny sister kann vor allem durch seine beiden charismatischen Hauptdarstellerinnen Rebecka Josephson und Amy Deasismont punkten, mit Maxim Mehmet (Jacob) befindet sich außerdem ein Deutscher im Cast. Gerade die noch junge Rebecka Josephson verleiht dem Film etwas sehr authentisches, was auch dazu führt, dass man als Zuschauer schnell in die Geschichte herein findet. Die läuft zugegebenermaßen nicht gerade unkonventionell ab und ist auch in ihrem Verlauf größtenteils erwartbar. Behutsam und sensibel erzählt ist sie trotzdem, was bei einer Thematik wie "Essstörung" wohl auch wichtiger ist, als zu künstlerisch an die Sache herangehen zu wollen.
Die Regisseuren von My Skinny Sister, die Schwedin Sanna Lenken, war so freundlich, uns einige Fragen zu ihrem neuen Film zu beantworten:
Das Thema "Essstörung" ist für Sie ein sehr persönliches. Hat das dazu beigetragen, dass Sie darüber einen Film machen wollten? Wie viel von Ihrer persönlichen Erfahrung steckt in dem Film?Ich hatte das Gefühl, dass es vorher so noch nicht erzählt worden war. Ich habe meine eigenen Erfahrungen benutzt, aber ich habe auch viel recherchiert. Es hat natürlich viel bedeutet, selbst krank gewesen zu sein. Ich denke ich kann das Thema wahrhaftiger darstellen und auch zeigen, wie hässlich diese Krankheit ist. Sie ist ganz und gar nicht glamourös, wie man manchmal den Eindruck bekommen kann, wenn man Klatschblätter über essgestörte Berühmtheiten liest. Es geht um echte Existenzangst, Leben und Tod und es betrifft jeden um Dich herum, nicht nur die Person, die krank ist.
Sie haben in der Vergangenheit schon viel mit Kindern und jungen Leuten gearbeitet, nicht nur für dieses Projekt. Was inspiriert Sie an der Arbeit mit jungen Menschen?Junge Leute haben genau die gleichen Gefühle wie wir Erwachsenen, aber sie sind manchmal stärker und ausdrucksvoller. Das gefällt mir. Junge Figuren zu zeigen spiegelt sehr gut wieder, wie die erwachsene Welt manchmal nicht so sehr auf Kinder hört, wie sie sollte. Junge Schauspieler sind außerdem voller Leidenschaft und Eifer, was bei älteren Schauspielern manchmal auf der Strecke bleibt. Ich denke auch, dass junge Schauspieler enorm wahrhaft und authentisch sein können, wenn man die richtigen findet.
Wie haben Sie ihre Hauptdarstellerinnen gefunden und wie schwer war der Casting-Prozess?Die Schauspieler hat letztendlich mein Casting-director Catrin Wideryd gefunden. Rebecka, die erst 11 ist, wurde erst einen Monat vor dem Drehstart für die Hauptrolle besetzt. Wir dachten schon, der ganze Film steht auf dem Spiel, weil wir nicht die richtige Person finden konnten. Aber dann haben wir sie gefunden und das war fantastische. Die Suche nach ihr hat ungefähr ein Jahr gedauert. Ungefähr ein halbes Jahr hat es gedauert, die Rolle des großen Schwester zu besetzen. Sie wird von Amy Deasismont gespielt, die in Schweden eine berühmte Pop-Sängerin ist.
Der Film zeigt die Schwierigkeiten der Krankheit nicht nur für die Opfer selbst, sondern auch für ihre Freunde und Verwandten. Was würden Sie Menschen raten, die jemanden kennen, der von einer Essstörung betroffen ist?Sich Hilfe von Doktoren und Spezialkliniken zu suchen. Es ist eine schwer zu behandelnde Krankheit ohne professionelle Hilfe, denn eine kranke Person kann ihr Umfeld oft leicht manipulieren und sie überzeugen, dass man auch gut alleine klarkommt. Das stimmt aber meistens nicht. Und dann muss man einfach immer weiter mit den Leuten reden. Und kämpfen.
Einschließlich "My Skinny Sister" gibt es auf der Berlinale dieses Jahr drei Filme aus Schweden zu sehen und alle drei sind von weiblichen Regisseuren gedreht worden. Ist das Zufall oder ist das schwedische Filmgeschäft offener, was Frauen in Führungsrollen angeht?Das Schwedische Film Institut (SFI), ist sehr gut in seinen Bemühungen, das Filmgeschäft ausgeglichener zu machen. Das ist also ganz sicher kein Zufall. Es gibt in Schweden eine Menge weibliche Regisseure und ich hoffe, dass die Arbeit des SFI und anderer Institutionen wie Filmhochschulen den Rest der Welt in dieser Hinsicht inspirieren.
Vielen Dank für das Gespräch und herzlichen Glückwunsch zum Gläsernen Bären!Mehr Informationen zu dem preisgekrönten Berlinale-Drama "My skinny sister" und seiner Regisseurin finden sich auf der Homepage von Sanna Lenken und der offiziellen Berlinale-Seite des Films.