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30 Jahre Kinderrechtskonvention: Meilenstein für das globale Kinderwohl

Es war ein historisches Versprechen, das die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen vor 30 Jahren gegenüber den Kindern der Welt eingingen: In 54 Artikeln wurden erstmals völkerrechtlich verbindliche Rechte formuliert, die den Schutz, das Überleben und die Entwicklung von Kindern in den Mittelpunkt stellten.

Der lange Weg zu den Kinderrechten

Das war damals keine Selbstverständlichkeit. „Die Kinderrechtskonvention war ein Meilenstein auf einem ziemlich langen Weg zu einer allgemeinen Menschenrechtserklärung für Kinder", sagt Georg Graf Waldersee, Vorsit­­zen­der des Vorstands von UNICEF Deutschland. Bereits vor 1989 hat es ver­schie­dene Ansätze gegeben, das Wohl der Kinder in zentrale Forderungen zu fassen.

So formulierte die Generalversammlung der Vereinten Nationen in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte 1948 zwar die Notwendigkeit des Schutzes von Kindern. Wirklich konkret wurde die Verpflichtung zum Kinderwohl auf internationaler Ebene aber erst am 20. November 1959, als die Generalversammlung eine neue Erklärung der Rechte des Kindes verabschiedete. Der 20. November gilt seither als der Tag der Kinderrechte - international verbindlich wurden diese aber erst 30 Jahre später.

Die Grundprinzipien für eine gute Kindheit

Die 1989 verabschiedeten Kinderrechte fassten verschiedene völkerrechtliche Dokumente zu den 54 Artikeln zusammen, die bis heute unter dem „Übereinkommen über die Rechte des Kindes", kurz Kinderrechts­konvention, bekannt sind.

So hat jedes Kind ein Recht auf Gleichbehandlung, ganz egal beispielsweise, welches Geschlecht, welche Herkunft oder welche Religion es hat. Das bedeutet konkret: Kein Kind darf benachteiligt werden - ob es nun ehelich ist oder unehelich, in einem anderen Land geboren wurde, einheimisch ist oder zu einer ethnischen Minderheit gehört.

Ebenso haben alle Kinder ein Recht auf Leben und persönliche Entwicklung. So obliegt allen Unterzeichner-Staaten die Pflicht, bestmöglich den Schutz und die freie Entfaltung aller Kinder zu sichern. Dazu gehören unter anderem die Rechte auf Bildung, Gesundheit, Freizeit, einen eigenen Namen sowie eine Staatsangehörigkeit. Kinder sollen zudem mit ihrem Willen und ihrer Meinung als Personen ernst genommen werden - und nicht nur ihre Eltern, Erziehungsberech­tigten oder politischen Vertreter.

All diese Grundprinzipen sollen dabei Vorrang haben bei Entscheidungen, die sich auf Kinder auswirken könnten, ganz gleich ob bei der Planung der Staatsausgaben oder bei Infrastrukturprojekten. Kinderrechte werden damit zu einer öffentlichen Aufgabe.

Ein Blick in die Kinderrechtskonvention verrät: Die 54 Artikel erreichen mit ihrer rechtlichen Verankerung nicht nur eine inhaltliche Tiefe, sondern auch eine breite internationale Unterstützung. „Keine Konvention der Vereinten Nationen ist von mehr Mitgliedsstaaten ratifiziert worden", erklärt Georg Graf Waldersee. Das heißt konkret: Alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen, mit Ausnahme der USA, erkennen die Kinderrechtskonvention heute an. Nichtsdestotrotz, so Graf Waldersee, ist die Konvention heute leider auch eine „schmerzliche Erinnerung an bisher nicht eingelöste, oder nur zum Teil eingelöste Versprechen."

Was haben 30 Jahre Kinderrechte bewirkt?

Unumstritten ist, dass die Kinderrechtskonvention maßgeblich zu einem globalen Bewusstsein für das Kinderwohl beigetragen hat. In einem Interview mit der Tagesschau betont auch Bärbel Kofler, die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesre­gierung, dass sich „sowohl gesetzlich als auch im Bewusstsein der Menschen" viel geändert habe dank der Kinderrechtskonvention. Dies gelte zum Beispiel im Hinblick auf Gewalt in der Erziehung.

Abseits der gesetzlichen Situation haben sich in den letzten 30 Jahren auch die Lebensbedingungen von Kindern verbessert. So ist laut des diesjährigen Berichts von UNICEF die weltweite Kindersterblichkeit in den letzten 30 Jahren um 60 Prozent gesunken. Auch in puncto Geschlechtergerechtigkeit gibt es Fortschritte: Die Zahl derjenigen Mädchen, die keine Grundschule besuchen konnten, hatte sich seit 1997 von 68 Millionen um mehr als die Hälfte auf 32 Millionen verringern können.

Dennoch stagniert seit 2007 die Zahl aller Kinder, die im Grundschulalter keine Schule besuchen können. Insgesamt erschwere, so Graf Waldersee, kaum ein Problem die Verwirklichung der Kinderrechte derart wie die anhaltende Bildungsmisere.

Eine weitere globale Herausforderung stellt laut des aktuellen UNICEF-Reports das Thema Gesundheit dar. Rund 19,4 Millionen Kinder weltweit sind nicht gegen Keuchhusten, Diphterie und Tetanus geimpft. Zudem sind die Masern wieder auf dem Vormarsch: Nach Informationen der Weltgesundheitsorganisation WHO habe sich die diesjährige Anzahl an Masern-Vorfällen im Vergleich zu 2018 mehr als verdoppelt.

Besonders Kinder sind von den Folgen des Klimawandels betroffen

Laut UNICEF-Bericht ist zu befürchten, dass sich durch die globale Erderwärmung in vielen Regionen Probleme wie Nahrungsmittelknappheit und der Wassermangel weiter zuspitzen werden. Dadurch werden vor allem bei Kindern Krankheitsfälle wie Malaria, Durchfallerkrankungen und Mangelernährung weiter zunehmen.

Deutlich wird: Trotz aller Fortschritte behindern viele Entwicklungen und Stagnationen noch immer die Verwirklichung der Kinderrechte. Immer wieder werden daher auch Forderungen in Deutschland laut, die Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Wie die Mitgliedsstaaten die Kinderrechte konkret umsetzen, ist auch in Deutschland ein kontroverses Thema. Eins aber ist für Georg Graf Waldersee klar: „Eine weltweite Verbesserung der Lebensverhältnisse für uns alle lässt sich nur erreichen, wenn sie bei den Kindern beginnt."

Philipp Nöhr
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