Philipp Fritz

Journalist, Warschau, Berlin

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Geplanter Großflughafen: „Polen darf keine Provinz sein!"

Ein Flugzeug der LOT Polish Airlines startet vom Flughafen Frankfurt in Deutschland. Polen plant nun einen eigenen Großflughafen. | Quelle: picture alliance / Markus Mainka

Polen verfügt über viele kleine Flughäfen, aber über kein Drehkreuz. Nun wird ein Mega-Flughafen geplant, der es mit London, Paris und Frankfurt aufnehmen könnte. Das Projekt soll das Land nach vorn bringen - und könnte zur Konkurrenz für den BER werden.

Es ist nicht einfach, in diesen Tagen einen Termin mit Jacek Bartosiak zu bekommen. Vor gerade mal zwei Wochen wurde die Gesellschaft gegründet, die für den Bau des polnischen Großflughafens verantwortlich ist. Bartosiak ist ihr Vorsitzender, er soll dafür sorgen, dass aus dem Projekt ein Erfolg wird.

„Das Telefon klingelt unentwegt", sagt er. „Ich könnte den ganzen Tag Interviews geben." Bartosiak sitzt in einem Restaurant im Stadtzentrum Warschaus und erzählt von dem staatlichen Infrastrukturprojekt zwischen Warschau und Lodz, der drittgrößten Stadt des Landes, das umgerechnet mehr als sieben Milliarden Euro kosten soll.

Polen verfügt bisher über viele kleine Flughäfen, aber über kein einziges Drehkreuz. Der größte ist der Chopin-Flughafen in Warschau mit aktuell 15 Millionen Abfertigungen im Jahr, fast die Hälfte des Landes. Zum Vergleich: Über Berlin-Tegel reisen mehr als 20, über München 45 und über Frankfurt allein 65 Millionen Menschen. Der polnische Großflughafen mit dem Namen Solidarnosc (Solidarität) würde nach seiner Fertigstellung spätestens 2028 im ersten Jahr bereits ein Aufkommen von 45 Millionen Passagieren haben. Und ein weiterer Ausbau für bis zu 100 Millionen Passagiere wird angestrebt.

Damit würde er zu Europas größten Flughäfen zählen und in einer Liga mit London, Paris oder eben Frankfurt spielen. Erkönnte damit zum Drehkreuz in Nordosteuropa werden. Und würde so auch in Konkurrenz zu dem Berliner Großflughafen BER stehen, der - so der aktuelle Stand - im Oktober 2020 öffnen soll.

Tatsächlich scheint genau das eines der Ziele zu sein, wenn Bartosiak das so auch nicht formulieren mag. Immer mal wieder träumte die politische Klasse in Polen den Großflughafentraum. Bisher aber gab es keine ernsthaften Versuche, ihn umzusetzen. Zu kostspielig und zu riskant schien er mit Blick auf Deutschland und den geplanten BER, von dem aus eigentlich schon 2012 die ersten Maschinen starten sollten. Vom dem erhoffte man sich lange eine bessere Anbindung Polens an den Westen. Dass Berlin sich zu einem Drehkreuz entwickeln könnte, das schloss die Lufthansa bereits aus.

Flughafen soll das Land nach vorn bringen

Doch der BER lässt bekanntlich sehr lange auf sich warten. Inzwischen hat sich die politische Stimmung in Polen gedreht. Der mächtige Parteichef der PiS, Jaroslaw Kaczynski, gab bereits im Februar den Ton vor, als er in einem Radiointerview erklärte: „Wir können nicht damit einverstanden sein, dass unsere Flughäfen nur der Anfang einer Reise hin zu anderen großen Flughäfen sind wie Frankfurt oder Berlin." Polen dürfe keine Provinz sein, sagte er und fragte, ob es nicht besser sei, einen potenten, internationalen Flughafen von Weltrang in der Nähe Warschaus zu haben. Im Sommer folgte dann die Ankündigung, dass Polen tatsächlich einen Großflughafen, Projektname „Centralny Port Komunikacyjny" (CPK), plant.

Statt der Konkurrenz zum BER betont Bartosiak zwar lieber, dass das Flughafenprojekt auch das ganze Land nach vorne bringen soll. Investitionen würden in Schnellstraßen und Expresszüge gesteckt, die alle auf die Gemeinde Baranów mit dem 300 Hektar großen Flughafengelände zukämen. Deswegen hält Bartosiak sich hinsichtlich der genauen Kosten auch zurück.

Doch es ist kein Zufall, dass heute schon nördlich von Baranów die Bahnstrecke Warschau-Berlin verläuft. „Wenn die Preise stimmen, kann es natürlich sein, dass auch Berliner über unseren Flughafen in einigen Jahren weiter nach Asien reisen", sagt Bartosiak. Nach den polnischen Plänen wäre Warschau besser zu erreichen als Frankfurt.

Dass ausgerechnet er zum Leiter des Projekts berufen wurde, verrät etwas über die polnischen Ambitionen. Bartosiak ist ein bekannter Anwalt und Experte in Sachen Sicherheitspolitik unter anderem in Washington. Seine Bücher über die Bedeutung von Geografie für die Politik sind in Polen Bestseller.

In Berlin schaut man sich das polnische Projekt allerdings gelassen an. „Nein, wir sehen keine Gefahr für unsere Ziele", sagt Hannes Hönemann, Kommunikationschef beim BER. „Wir werden 2020 öffnen, und es wird noch etwas länger dauern, bis in Polen die ersten Maschinen abheben. In der Zeit kann viel passieren."

Den Satz würde auch Jacek Bartosiak in Warschau unterschreiben.

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