07.04.2014, New York. Flucht misslungen, Familie in Gestapo-Hand: Mit 21 ist die Berliner Jüdin Margot Friedländer plötzlich auf sich allein gestellt. Mit 92 stellt sie die englische Fassung ihrer Memoiren in New York vor. In „Versuche, dein Leben zu machen" erzählt sie, wie sie sich 15 Monate lang von Versteck zu Versteck durchschlägt, dann auffliegt und ins Konzentrationslager Theresienstadt verschleppt wird. Im Interview spricht Friedländer über einige Erlebnisse aus der Nazizeit sowie ihre Aufklärungsarbeit heute - und darüber, was sie an amerikanischen Senioren echauffiert und wie sie auf dem Motorboot von Max Raabe landete.
Margot Friedländer: Meine Eltern haben sich 1937 getrennt, wir wollten auswandern, also keine Wohnung mehr nehmen, und wohnten in der Pension von jüdischen Freunden. Ich war Lehrmädchen in einer Schneiderei, und es war noch sehr ruhig im Haus, als ich mich auf den Weg zur Arbeit machte und wieder umkehrte. Ich muss vielleicht 20 Minuten weggewesen sein. Fast alle in der Pension waren da schon versammelt, zum Teil im Speisesaal, zum Teil in der Halle. Ich hatte die ganzen Scherben auf der Straße gesehen, und die Luft war so merkwürdig. Ich wusste nicht, was das ist. Aber sie wussten bereits, dass die Synagogen brennen.
Woher wussten sie das?Das ist mir nicht klar, das weiß ich bis heute nicht. Denn wir hatten ja kein Telefon mehr, kein Radio, keine Zeitung. Es muss irgendjemand gekommen sein und es ihnen erzählt haben. Die Stimmung, als ich nach Hause kam, war so... (überlegt) Sie waren entgeistert. Man hätte es ja nicht geglaubt, dass so etwas geschehen könnte: Geschäfte sind zerschlagen, die Synagogen brennen, es hieß, dass Männer, jung und alt, aus ihren Wohnungen herausgeholt und weggebracht wurden. Man wusste nicht, wohin. Das war eigentlich der Moment, wo ich wusste, dass es unmöglich ist, hier weiterzuleben, dass noch Schlimmeres kommen wird. Dass das der Anfang vom Ende ist.
Den Rest des Interviews gibt es hinter der Paywall!