Streicher- und Klavierklänge, glatte Optik und Italo-Klischees: "Bella Germania" erzählt eine deutsch-italienische Familiengeschichte als Rührstück für die "Herzkino"-Zielgruppe. Von Peter Luley
"L'amore - die Liebe", "Il destino - das Schicksal" und "Il segreto - das Geheimnis" - so sind die drei Teile von "Bella Germania" überschrieben. In all ihrer schwerblütig-raunenden Unverbindlichkeit vermitteln die Titel immerhin eine Ahnung davon, was dem Zuschauer hier geboten wird: ein Herzschmerz-Melodram epischen Ausmaßes.
Wie schon in den beiden "Ku'damm"-Staffeln 2016 und 2018 hat das ZDF die Fünfzigerjahre als Ausgangspunkt einer Familiensaga erkoren. Diesmal geht es um den Zuzug italienischer "Gastarbeiter" in die Wirtschaftswunder-BRD, doch der zeitgeschichtliche Hintergrund bildet vor allem die Folie für ein Rührstück in Hochglanz-Optik.
Nach Motiven des gleichnamigen Romans von Daniel Speck, der auch als Drehbuchautor firmiert, hat Regisseur Gregor Schnitzler ("Lotte am Bauhaus") die Geschichte der angehenden Modedesignerin Julia (Natalia Belitski) inszeniert, die sich auf die Suche nach ihren Wurzeln macht - zunächst mal aber nur die Rahmenhandlung eröffnet.
Im München der Gegenwart bekommt Julia Besuch von einem fremden älteren Herrn namens Alexander Schlewitz (Joachim Bißmeier), der behauptet, ihr Opa zu sein und dringend ihren Vater sprechen zu müssen. Den hatte Julia bislang tot geglaubt. Allen Entgegnungen und Ausflüchten ihrer Mutter (Andrea Sawatzki) zum Trotz lässt sie sich auf die Erzählungen des Greises ein; die führen, visualisiert in einer großen Rückblende, ins Mailand des Jahres 1954.
Dorthin fährt der junge BMW-Ingenieur Alexander Schlewitz (auf dieser Zeitebene: Christoph Letkowski), um im Auftrag seines Chefs die Lizenzrechte für den Kleinwagen Isetta zu erwerben. Bei den Verhandlungen verliebt er sich in die Dolmetscherin Giulietta (mit Strahlkraft: Silvia Busuioc) und zeugt mit ihr in einer kurzen leidenschaftlichen Affäre ein Kind, was sie ihm jedoch verheimlicht.
Weil sich Giulietta für ein Leben in Italien entscheidet, unter einem Dach mit der strengen Mama, ihrem Zwillingsbruder Giovanni (Denis Moschitto) und ihrem Verlobten Enzo (Deniz Arora), gibt sie den kleinen Vincenzo als Enzos Sohn aus. Alexander kehrt nach München zurück, bald gefolgt von Giovanni, der sich als Kistenschlepper in der Großmarkthalle verdingt. Vincenzo indes wächst mit einer Lüge über seinen wahren Erzeuger auf - ähnlich wie in der Gegenwart Julia, seine Tochter.
Allerhand Gefühlswirren
Mit viel dramatischer Streicher- und Klaviermusik und Sätzen wie "Das Schicksal ist nicht geschrieben, das machen wir selbst" oder "Es ist keine Frage von Amore, es ist eine Frage von Onore" wird die Liebe von Alexander und Giulietta beschworen - und ja, Christoph Letkowski und Silvia Busuioc gelingt es, ihre Figuren emotional aufzuladen. Allerdings muss ihre tragische Liaison auch noch den zweiten 90-Minüter tragen.
Denn wenn Julia auf der Gegenwartsebene ihren Großonkel Giovanni (im Alter: Alessandro Bressanello) aufsucht, der inzwischen ein Feinkostgeschäft betreibt und sie zu ihrem Vater führen soll, erfährt sie nun von ihm, wie es damals weiterging: wie dann doch auch Giulietta samt Sohn ihr Glück in Deutschland suchte, wie sie und Alexander nicht voneinander lassen konnten und wie Vincenzo (als Teenie: Rafael Koussouris; als junger Mann: Kostja Ullmann) als "Gastarbeiterkind" zu leiden hatte.
Bevor Julia tatsächlich ihrem Vater (auf der Gegenwartsebene: Stefan Kurt) gegenübersteht und im dritten Teil dessen Liebesgeschichte mit ihrer jungen Mutter (Marleen Lohse) in den Siebzigerjahren aufgeblättert wird, sind also noch allerhand Gefühlswirren zu durchleiden.
Inkonsequente Inszenierung
So schlüssig die Rückblendenstruktur an den verschiedenen Chronisten aufgehängt ist, so kritikwürdig sind andere Aspekte der Inszenierung: der inkonsequente Umgang mit Sprache(n) etwa, der sich darin äußert, dass zwar meist übersetzt werden muss, dann aber die italienische Familie auf einmal unter sich deutsch spricht.
Zur Authentizität trägt das genauso wenig bei wie die Postkarten-idyllischen Bilder von Spaghetti essenden Mechanikern auf dem Mailänder Werksgelände oder die sehr lässige Schilderung der Arbeitsrealität (der deutsche Gast benötigt ganze zwei Tage, um einen Konstruktionsfehler der Isetta zu beheben). Auch Subtilität zählt nicht zu den markantesten Merkmalen des Dreiteilers: Rot wie die Liebe ist das Kleid, das sich Giulietta näht und rot sind die Schuhe, die Alexander ihr schenkt. Alles ein bisschen pittoresk ausgestattet.
Klischee-Parade im Rahmenprogramm
Fairerweise gilt es festzuhalten: Für das, was "Bella Germania" sein will - eben ein Mainstream-Melodram -, funktioniert es nicht so schlecht. Zuschauer, die auf dem Sendeplatz am Sonntagabend sonst "Herzkino"-Filme vom Kaliber Pilcher, Lindström oder Katie Fforde konsumieren, werden hier überdurchschnittlich bedient.
Mit dem Rahmenprogramm übertreibt es der Sender allerdings beträchtlich: Die Begleit-Doku am Sonntag um 21.45 Uhr ist sich nicht zu schade, immer wieder Filmszenen einzubauen. Und die am Dienstag um 20.15 Uhr angesetzte "Ziemlich beste Nachbarn"-Folge mit Michael Kessler als Presenter-Reporter zum Thema "Wir und die Italiener" ist - unter dem Deckmantel der "Überprüfung" - eine so platte Klischee-Parade, dass es schmerzt.
"Bella Germania", 10., 11. und 13. 3., jeweils 20.15 Uhr, ZDF; alle drei Teile sind schon vorab in der Mediathek verfügbar.
"Bella Germania - Die Dokumentation", 10.3., 21.45 Uhr
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