Im Öko-Thriller „How To Blow Up a Pipeline“ schließen sich acht junge Erwachsene zusammen, um eine Ölpipeline in die Luft zu jagen. Entstanden ist ein Heist-Movie mit viel Sprengstoff – und ein paar lesbischen Küssen. Ab 8. Juni im Kino.
Es würde einen nicht wundern, wenn gleich ein ältlicher Mann in Unterhose aus einem Wohnwagen gestolpert käme. Denn es ist alles da: Wüstensand, Erlenmeyerkolben, Gasmasken. Nun rollt bereits der dritte PKW an und spuckt Leute aus, die sich in einem Schuppen in der texanischen Wüste verabredet haben. Die acht jungen Erwachsenen wollen aber kein Meth kochen. Sondern Bomben basteln.
How To Blow Up A Pipeline heißt der US-Thriller, der nun in die deutschen Kinos kommt. Es ist kein gewöhnlicher Spielfilm. Denn dieser Ökothriller ist die Verfilmung eines Manifests. Geschrieben hat es der schwedische Humanökologe und Aktivist Andreas Malm. Seine 2021 erschienene Streitschrift „Wie man eine Pipeline in die Luft jagt“ ist zwar keine wortwörtliche Anleitung, sie will aber doch inspirieren. Und zwar zu radikaleren Mitteln als Petitionen und Demonstrationen.
Wenn es nach ihm geht, gehören SUV, Luxusyachten und Raffinerien im Kampf fürs Klima nicht blockiert, sondern zerstört. Im Vergleich zu dem, was dem Autor vorschwebt, ist die Letzte Generation also ein Haufen harmloser Blumenkinder.
Aber wie sprengt man denn nun eine Pipeline?
„Wir waren inspiriert“, schwärmen die Filmemacher im Pressestatement über die Vorlage. Deshalb sicherten sie sich die Filmrechte an dem Manifest – und mussten dann erstmal herausfinden, wie zum Henker man denn nun tatsächlich eine Pipeline in die Luft sprengt.
Mehrere Ingenieure und ein Experte für Terrorismusbekämpfung haben es ihnen erklärt. Und so können wir nun den Hauptfiguren dabei zusehen, wie sie Rohrreiniger zweckentfremden und Zünder löten. Was durchaus faszinierend ist. Zwischenzeitlich wirkt der Film allerdings wie ein mit den Mitteln des großen Kinos (Die Landschaft! Der Cast! Der Soundtrack!) auf 106 Minuten überdehntes Tutorial, das auf Plattformen wie YouTube aus gutem Grund schnell gesperrt würde.
Glücklicherweise begnügt sich How To Blow Up A Pipeline aber nicht mit einer (hoffentlich nicht vollständigen) Anleitung zum DIY-Bombenbau. Der Film lotet auch aus, was die Hauptfiguren dazu bringt, zu diesem radikalen Mittel zu greifen. In Rückblenden erfahren wir zum Beispiel, dass Rädelsführerin Xochitl ihre Mutter durch eine Klimakatastrophe verloren hat. Sie wird gespielt von der queeren Schauspielerin Ariela Barer, die zudem das Drehbuch mitgeschrieben hat.
Heist-Movie mit lesbischem Pärchen - und ohne Ironie
Auch ein lesbisches Pärchen, Theo (die queere Schauspielerin Sasha Lane) und Alisha (Jayme Lawson), ist Teil der achtköpfigen Truppe. So mischen sich unter die Sprengstoff-Szenen ein paar lesbische Küsse. Allzu viel Queerness sollte man aber nicht erwarten.
How To Blow Up A Pipeline funktioniert im Grunde wie ein klassischer Heist-Movie. Nur dass wir keinen spektakulären Raubüberfall beobachten, bei dem sich pfiffige Gauner Juwelen in die Tasche schaufeln. In diesem Film geht es um nichts weniger als die Rettung des Planeten.
Leider geht das Konzept nicht ganz auf. Denn anders als in Filmen wie Ocean’s Eleven fehlt diesem Thriller die Leichtigkeit und Selbstironie. Die Figuren sind wahlweise todkrank, todunglücklich oder todernst. Das höchste der leichten Gefühle ist eine Szene, in der sie sich wenige Stunden vor dem Anschlag auf die Ölpipeline gemeinsam die Kante geben und kichern: „Auch Jesus war Terrorist!“ Denn auch er habe sich gegen die „herrschende Klasse“ aufgelehnt.
„Wer gibt dir das Recht? Du bist nicht Gott!“
Bevor das Ganze vollständig zum Agitprop-Film verkommt, der das Publikum nicht gerade versteckt zu Gewalt ermutigt, stellt eine der beiden lesbischen Figuren immerhin hier und dort eine kritische Frage. „Du willst den Ölfirmen Angst einjagen und nimmst in Kauf, dass arme Leute dadurch gearscht sind!“, schleudert Alisha etwa der Anführerin entgegen. Das sei immer noch besser, als an verpesteter Luft zu sterben, entgegnetet Xochitl. „Wer gibt dir das Recht, das zu entscheiden? Du bist nicht Gott!“, ruft Alisha. Und Xochitl entgegnet: „Besser ich als die Leute, die das momentan tun.“
Diese Hybris zieht sich durch den ganzen Film. Und wird auch dann nicht erschüttert, als plötzlich Menschenleben auf dem Spiel stehen. Wem das nicht zu platt ist, kann sich How To Blow Up A Pipeline ab dem 8. Juni im Kino anschauen.
How To Blow Up A Pipeline (USA 2022); Regie: Daniel Goldhaber, Buch: Daniel Goldhaber, Ariela Barer, Jordan Sjol; mit Ariela Barer, Kristine Froseth, Lukas Gage, Forrest Goodluck, Sasha Lane, Jayme Lawson, Marcus Scribner, Jake Wearyi u. a.; 106 Minuten. OmU ab 8. Juni im Kino