Herr Hedrich, lassen Sie uns doch erst einmal darüber sprechen, wie Ihre Feuerwehren insgesamt aufgestellt sind.
Sandro Hedrich: Wir haben in unserem Gemeindegebiet vier Feuerwehren mit insgesamt etwa 100 Einsatzkräften. Davon sind unter der Woche immer etwa 70 bis 80 einsatzbereit. Die Wehren verteilen sich auf die vier Ortsteile der Gemeinde und stellen mit insgesamt zehn Fahrzeugen den Schutz für etwa 6.500 Einwohner sowie die angrenzenden Gebiete, eine Bahntrasse und verschiedene Bundes- und Landstraßen sicher.
Im Jahr 2019 wurden wir zu insgesamt 124 Einsätzen gerufen. Vom Verkehrsunfall über Hochwasserhilfe bis zu Feuern in Wohn- und Gewerbeobjekten: Unsere Aufgaben sind sehr breit gefächert.
Anders ist, dass wir gar nicht so helfen können, wie wir wollen. Feuerwehrleute sind ja immer gewillt, dass sie sofort, gleich und schnell helfen. Im Fall Corona heißt es aber erst einmal abwarten, was uns als Feuerwehr für Aufgaben zugewiesen werden. Inwieweit uns die Pandemie im Gemeindegebiet trifft und welche Maßnahmen wir dann ergreifen müssen, das ist derzeit noch nicht abzusehen.
Es ist für uns ganz schwer rumzusitzen und einfach zu warten.
Wir mussten in jeden Bereich der Wehren eingreifen. Zunächst haben wir die Jugend- und Kinderfeuerwehr-Ausbildung ausgesetzt. Seit 13. März gilt das ebenso für die Einsatzabteilungen. Ausbildungen und Lehrgänge sind abgesagt. Auch die Gerätehäuser dürfen nur noch im Einsatzfall und zu Wartungen betreten werden. Und selbst dann gilt, dass sich höchstens zwei Personen gleichzeitig in den Feuerwehrhäusern aufhalten dürfen.
Und natürlich gibt es auch für das Einsatzgeschehen gravierende Einschnitte...
Wenn es sich nicht um einen gemeldeten Gebäudebrand oder einen schweren Verkehrsunfall handelt, so rückt pro Feuerwehr nur noch eine Staffel - also sechs Leute - aus. Der Rest muss vor dem Gerätehaus unter freiem Himmel warten, ob sie nachgefordert werden.
Speziell haben unsere Wehrleitungen auch noch einmal auf die Einsatzstellenhygiene hingewiesen. Nach jedem Einsatz werden sich noch vor Ort die Hände gewaschen, Wasser -wenn auch nur kaltes - ist ja immer mit dabei; Seife inzwischen auch.
Wir haben bereits mit den ersten Corona-Fällen Anfang Februar regiert und versucht die Schutzausrüstung aufzustocken. Das heißt wir haben vermehrt Schutzanzüge, Masken und Einmalhandschuhe bestellt. Desinfektionsmittel haben wir damals noch in der örtlichen Apotheke bekommen. Doch von unserer Bestellung kam nur etwa die Hälfte an.
Derzeit hat jede Feuerwehr fünf Schutzanzüge und Desinfektionsmittel. Masken sind aber mehr schlecht als recht vorhanden. Eine Beschaffung ist momentan allerdings nicht möglich, obwohl wir die Lieferanten jeden Tag aufs Neue abfragen.
Wie bereiten Sie sich ganz persönlich auf Corona vor, wie informieren Sie sich?
Dank der Medien werden Informationen ja inzwischen gut und schnell verbreitet. Liveticker, das tägliche Bulletin der Landesregierung und auch Pressemitteilungen sind eine gute Informationsgrundlage.
Aber richtig vorbereiten kann man sich auf diese Ausnahmesituation nicht.
Das Problem ist eher, dass wir bei jedem Einsatz, jedem Verkehrsunfall und jeder Tragehilfe für den Rettungsdienst auch mit einer möglichen Infektion rechnen müssen.
Erst vor wenigen Tagen hatten wir genau so eine Situation. Eine Wanderin war gestürzt und musste von uns aus unwegsamem Gelände gerettet werden, weil der Rettungswagen nicht zu ihr kam. Ich war der als Erster vor Ort und noch bevor ich etwas anderes tun konnte, musste ich sie nach möglichen Erkältungssymptomen oder Fieber fragen. Erst dann konnte ich mich um ihr verletztes Bein und den Transport kümmern.
Das funktioniert aber nur, wenn der Patient ansprechbar ist und vielleicht der Rettungsdienst sogar schon vor Ort ist. Wenn wir aber zum Beispiel zu einer Türöffnung müssen und in der Wohnung eine bewusstlose Person liegt, so ist das ein ganz großes Problem für uns.
Dann müssen wir - wie immer, wenn eine Corona-Infektion nicht ausgeschlossen werden kann - unter maximalem Schutz vorgehen. Das heißt mit Atemmaske und Vollschutzanzug.
Mir hilft es, dass ich mit meiner Familie darüber rede. Auch das Telefon ist wichtiger denn je geworden. Es steht in diesen Tagen selten still. Auch weil der Krisenstab des Wartburgkreises uns Ortsbrandmeister inzwischen täglich zur Einsatzbereitschaft unserer Feuerwehren abfragt. Das bedeutet für uns ehrenamtliche Feuerwehrleute aber auch eine enorme Mehrbelastung. Dabei will ich nicht vergessen, dass die Wehrführungen unserer Ortswehren, mein Stellvertreter und auch meine Frau auch einen großen Anteil tragen und mich bei diesen umfänglichen Aufgaben immer wieder unterstützen.
Zunächst ist es einmal ganz klassisch: Ich bleibe so viel es geht zu Hause. Dann versuche ich auch meinem vier Jahre alten Sohn zu erklären, warum wir jetzt eben nicht auf den Spielplatz oder zu Freunden gehen können. Das ist für mich das Schwerste.
Ansonsten gilt auch privat: Fit halten, Händewaschen, Kontakte vermeiden.
Ich habe das große Glück, dass ich im Öffentlichen Dienst tätig bin und damit inzwischen auch Homeoffice machen kann. Das schützt mich vor einigen äußeren Infektionsquellen und ermöglicht mir, von hier aus noch schneller zum Einsatz ausrücken zu können.
Allerdings haben nicht alle ehrenamtlichen Hilfskräfte das Glück, dass sie aus dem Homeoffice arbeiten können. Besonders in der Industrie ist das ein großes Problem. Damit steigt die Möglichkeit einer Infektion. Aber wer krank oder in Quarantäne ist, der fehlt mir im Einsatz.