Bela B von der Band „Die Ärzte" engagiert sich seit Jahren für die private Seennotrettung, indem er immer wieder zu Spenden aufruft und sich mit Seenotretter*innen öffentlich solidarisiert. Mitte Oktober las er in einem vielgeteilten Video den Text „Ich glaube, ich hasse Andi Scheuer" vor, geschrieben vom Journalisten, Theologen und Aktivisten Stephan Anpalagan. Die Aufnahme wurde an Bord der Rise Above gemacht, einem Seenotrettungsschiff von Mission Lifeline, das wegen einer Verordnung aus Scheuers Bundesverkehrsministerium erstmal nicht auslaufen konnte. Wir sprachen mit Bela B über Seenotrettung, „die jungen Leute", „Schrei nach Liebe" und warum er nicht zu Anne Will gehen würde.
Bela B:Ich glaube, man muss ihn nur lange genug anschauen, damit er sich schämt. Das reicht schon. Dann wird ein Sammelsurium an politischen Fehlentscheidungen und seltsamen Rechtfertigungen durch seinen Kopf rattern. Für mich ist er ein Posterboy der Politikverdrossenen. Wenn ich jemandem die Ursachen von Politikverdrossenheit erklären müsste, dann würde ich sagen: Schau dir diesen Mann an. Wenn man sieht, was der alles gemacht hat, seit er im Amt ist, und mit was der alles davon kommt, dann kann man schon verzweifeln.
Über 20 000 Menschen sind seit 2014 im Mittelmeer ertrunken. Ich finde, man nimmt den Tod dort nicht nur in Kauf, man rechnet damit. Menschen wie Andreas Scheuer handeln damit unhaltbar.
Das weiß ich im Moment noch nicht. An dem Tag, als ich auf dem Schiff war, um den Text zu lesen, kam die Nachricht grade durch. Das war ein toller Moment, dabei zu sein, wie sich die jungen Menschen - überwiegend jung, deutlich jünger als ich jedenfalls - alle darüber gefreut haben. Es besteht die Hoffnung, dass sie bald auslaufen können. Es ist den Helfern ein Herzensbedürfnis, Menschen vor dem Ertrinken zu retten. Das ist kein Abenteuerurlaub oder sonst was für die, damit verdienen die auch kein Geld. Aber es gibt leider bestimmt auch noch viele weitere bürokratische Möglichkeiten, das zu verhindern.
Das klingt jetzt so, als würd ich in ein populistisches Horn stoßen. Aber es gibt genau zwei Sachen, die diese Welt retten können. Als erstes müssen viel mehr Frauen in Regierungsposten und Führungspositionen kommen, weil die Alleinherrschaft weißer alter Männer uns nirgendwo hinführt. Wenn sich das mal ändert, ist schon viel gewonnen. Und das zweite sind junge Menschen, denen Lobbyismus und Klimawandel und Rassismus ein Greuel sind. Jugend nach vorne und Frauen an die Macht, dann wird diese Welt definitiv eine Chance haben, weiterzubestehen.
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