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Der Stoffwechsel einer Insel wird nachhaltiger

Die griechische Insel Samothraki ist überweidet und stark von Touristen frequentiert. Lösungsansätze für das Erosions- und Müllproblem haben Boku-Forscher gemeinsam mit der Bevölkerung entwickelt.

Seit vielen Jahren besucht Marina Fischer-Kowalski die kleine Insel Samothraki, die in der griechischen Ägäis liegt. Erst tat sie das nur als Touristin, seit 2008 auch, um die Insel zu erforschen. Doch als sie heuer dort ankam, sah sie etwas zum allerersten Mal: „Das Meer entlang der wunderschönen Strände war verschlammt, die grandios sauberen Flüsse dreckig." Fischer-Kowalski, Gründerin des und emeritierte Professorin am Institut für Soziale Ökologie der Boku Wien, musste nicht lang überlegen: Die braunen Ufer sind eine Folge der dramatischen Überweidung der Insel. Denn auf die 3000 Einwohner Samothrakis kommen im Sommer 4000 Touristen - und das ganze Jahr über 50.000 Ziegen und Schafe. Und die fressen unermüdlich die Insel kahl. „Es sind ja bezaubernde Tiere", sagt Fischer-Kowalski, aber sie richten enormen Schaden an. Denn ist keine Vegetation mehr da, die das Erdreich hält, wäscht der Regen die Flächen aus oder verursacht gar Muren. 2017 gab es einen schweren Erdrutsch durch den Hauptort (Chora). Ein Grund von mehreren für Fischer-Kowalski und ihren Boku-Kollegen Dominik Noll, sich näher mit der Insel zu befassen. Inseln sind nämlich immer auch potenzielle Innovationszentren. „Aus der Not heraus", sagt Fischer-Kowalski. „Sie sind vom Meer umschlossen, der Welt ausgesetzt durch den Import von Gütern, haben wenig Möglichkeiten, um Speicher anzulegen, keine industrielle Skala, um etwa Autoreifen zu recyceln - und sie müssen auch ihre Abfälle, meist sehr kostspielig, wieder loswerden." Deshalb gelte es, klug zu planen. „Das betrifft insbesondere Inseln im Pazifik, denen ein Anstieg des Meeresspiegels droht. Inseln sind nicht per se experimentierfreudig, aber sie müssen einfach anders über Standardsituationen nachdenken."

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