Als Kind trug ich meistens eine Kurzhaarfrisur, so waren meine Afrohaare einfacher zu handhaben. Sobald sie länger wurden, hatte ich Schmerzen beim Kämmen - deshalb schnitten meine weißen Pflegeeltern sie regelmäßig ab. Als ich älter wurde, band ich mir in meinem Kinderzimmer ein Handtuch um den Kopf und tat so, als hätte ich ganz lange Haare, damit fühlte ich mich richtig weiblich. So wurde es mir damals im Fernsehen vermittelt: Barbie, Rapunzel, sie alle hatten lange Haare und galten als schön. Es war nie so, dass ich meine Haare hasste. Doch die Leute in meinem Umfeld machten es mir schwer, sie zu lieben.
Ich bin in Hamburg aufgewachsen und ging auf eine weiterführende Schule im Stadtteil Bramfeld, dort war ich die einzige Schwarze Person. Es war eine schlimme Zeit für mich: Die Kinder zogen an meinen Haaren und beschimpften mich rassistisch. Ich möchte nicht wörtlich wiederholen, was sie gesagt haben, aber so viel: Wenn man "Du siehst aus, als hättest du in die Steckdose gefasst" mehrfach potenziert, kommt man auf die Sprüche, die ich damals gehört habe.
Ständig fassten mir Menschen ungefragt in die Haare. Es hat mir als Jugendliche widerstrebt, aber ich habe es geschehen lassen und wollte nicht negativ auffallen - so hatten es meine Pflegeeltern mir beigebracht. Mit 18 Jahren fing ich an, meine Haare chemisch zu glätten. Der Gang zum Friseur war jedes Mal schmerzhaft: Es war ein aggressives chemisches Produkt, das auf der Kopfhaut brannte, wenn man es auftrug. Selbst die Friseurin durfte es nicht mit bloßen Händen anfassen. Alle sechs Wochen musste man das machen, damit die nachwachsenden Haare sich nicht kräuselten. Teuer war es auch, 60 bis 80 Euro pro Sitzung. Irgendwann hatte das ständige Glätten zur Folge, dass meine Haare sichtlich dünner wurden und ausfielen. Vorne am Kopf hatte ich kaum noch welche.
Als ich Mitte zwanzig war, reiste ich nach Frankreich. Auf einer Underground-Party in hatte ich meinen ersten Schlüsselmoment: Es waren vor allem Schwarze Menschen da, Dancehall und Hip-Hop dröhnten aus den Boxen, die Räume waren sehr dunkel, die Decken niedrig. Überall sah man die Rasta-Farben Gelb, Grün, Rot. Die Frauen trugen ihre Haare offen oder hatten sie zu Cornrows geflochten, den wunderschönen afrikanischen Flechtfrisuren. Viele hatten goldenen Schmuck und Muscheln in ihrem Haar. Sie trugen kurze glitzernde Jacken und bunte Kleidung, sahen einfach stylisch aus. Die Freundin, mit der ich da war, kannte die Pariser Mode - deshalb hatten wir uns passend angezogen.
Die Menschen auf der Party lebten ihr Schwarzsein total selbstbewusst. Für mich und meine Schwarze Freundin war das eine Art sicherer Ort, wir waren endlich keine Minderheit. Bis dahin hatte ich so was noch nicht erlebt. Wir verbrachten viele Stunden auf der Party. Ich war überwältigt von der Stimmung und davon, mit welchem Stolz die Menschen dort ihre Haare trugen. Ich dachte: Wow, ich wusste nicht, dass wir so viel mit unseren Haaren machen können!
Danach, auf einer Reise nach New York, sah ich, wie die Schwarzen Frauen auch dort ihre natürlichen Locken trugen und wussten, wie sie damit umgehen müssen. Bis dahin war ich mir nicht einmal bewusst, wie ich als erwachsene Frau mit meinen Afro-Haaren aussehe. Die Person, die ich im Spiegel sah, war nicht die natürliche. Als ich nach Hause kam, wollte ich das ändern. Ich wollte wissen, wie sich meine echten Haare anfühlen. Und wollte zu mir stehen.
Doch das ging nicht so einfach, wie ich dachte. "Wie willst du das in Deutschland machen? Die Leute werden dich fragen: Wie siehst du denn aus?", sagten mir Freunde. Und sie hatten recht, denn ich fiel auf: Ich schnitt die geglätteten Längen ab, und die, die nachwuchsen, waren Afro-Haare. Eine Zeit lang hatte ich dadurch zwei Haartypen auf dem Kopf. Das war hart für mich. Wenn ich ausging oder einkaufen war, spürte ich die Blicke. Als ich Bewerbungsfotos machte, fragte der Fotograf: "Willst du deine Haare wirklich so tragen?"
Als Kind trug ich meistens eine Kurzhaarfrisur, so waren meine Afrohaare einfacher zu handhaben. Sobald sie länger wurden, hatte ich Schmerzen beim Kämmen - deshalb schnitten meine weißen Pflegeeltern sie regelmäßig ab. Als ich älter wurde, band ich mir in meinem Kinderzimmer ein Handtuch um den Kopf und tat so, als hätte ich ganz lange Haare, damit fühlte ich mich richtig weiblich. So wurde es mir damals im Fernsehen vermittelt: Barbie, Rapunzel, sie alle hatten lange Haare und galten als schön. Es war nie so, dass ich meine Haare hasste. Doch die Leute in meinem Umfeld machten es mir schwer, sie zu lieben.