„Denn das liegt mal ausnahmsweise nicht in der Verantwortung der SPD. Da haben wir jemanden, der für Digitalisierung im Kanzleramt zuständig ist, die Kollegin Dorothee Bär, [ Staatsministerin für Digitalisierung bei der Bundeskanzlerin, CSU ]. Da gibt's einen Herrn Alexander Scheuer [Bundesdigitalminister, CSU]; da gab's vorher einen Herrn Alexander Dobrindt [ehemals Bundesdigitalminister, CSU]. Wir können ja lange diskutieren, in wie weit jeder welche Bandbreite haben muss. Aber es muss einfach drin sein, dass man hierzulande eine normale Telematik-Infrastruktur hinbekommt." Dies hätten die Verantwortlichen bislang nicht erreicht. Es würde auf Bundesebene zu viel geredet und zu wenig gehandelt, kritisiert Stamm-Fibich.
Rot-Grün habe viele Weichen falsch gestellt - das sei noch immer im System zu spüren.
Höschel: „Es wurde unter Rot-Grün immer mehr der Eindruck erweckt, dass eine digitale Kontrollbürokratie aufgebaut werden sollte - für Ärzte und Leistungserbrinder. Der Nutzen für die Patienten schien nur vorgeschoben. Deshalb gab es so massiven Widerstand aus dem System heraus." Erst mit Hermann Gröhe (CDU) als Bundesgesundheitsminister sei die Akzeptanz wiederhergestellt worden. Der aktuelle Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) knüpfe mit seiner Arbeit genau hier an.
Spürbar seien für Stamm-Fibich vielmehr andere Dinge, nämlich die Differenzierungen und Abstufungen, die Patientinnen und Patienten in der medizinischen Versorgung in Deutschland erfahren müssten: „Wir haben keine Zwei-Klassen-Medizin, wir haben vier: die für gesetzlich und privat Krankenversicherte, die der Beihilfe und der Zusatzversicherten." Kein Land der Welt leiste sich mehre Systeme nebeneinander. „ Das ist ökonomisch der größte Unsinn", so die SPD-Politikerin. Sie ist überzeugt davon, dass das duale System aus gesetzlicher und privater Krankenversicherung (GKV und PKV) in Deutschland reformiert werden muss.
Ein einheitliches Solidarsystem, getragen von einer breiten Basis, sei der richtige Weg. Dafür setze sich Stamm-Fibich ein. Die Arbeit im Petitionsausschuss zeige ihr, wie problembehaftet das bisherige System sei. „Wir holen jedes Jahr im Deutschen Bundestag irgendeine Gruppe in die GKV zurück - die spät geschiedenen Beamtengattinnen, die Zeitsoldaten, die Waisenkinder, die durch den verstorbenen Vater in der PKV landen. Das sind die Leute, die im Standard-Tarif beziehungsweise im Basistarif ihrer Krankenversicherung sind und ihre Beiträge nicht mehr aufbringen können. Wir tun das in einer Gleichmäßigkeit und niemand nimmt das zur Kenntnis. Jeder verteidigt reflexhaft das bisherige System."
In Hamburg hat man den Beamten nunmehr die Wahlfreiheit gegeben. Rund 1.000 von ihnen sind bislang in die GKV gewechselt. „Und wir sehen die Zahl der gesetzlich Versicherten, die über die Beitragsbemessungsgrenze kommen - und dennoch bleiben. So schlecht kann die GKV folglich nicht sein. Wenn jetzt schon ein Vorstand der Huk-Coburg sagt, wir müssten darüber nachdenken, wie wir mit den Altersrückstellungen der privat Versicherten umgehen und wie wir diese mitnehmen können, dann sind das alles Anzeichen, dass man erkennt, dass auch die PKV in vielen Bereichen an ihre Leistungsgrenzen kommt", sagt Stamm-Fibich.
Mathias Höschel ist davon hingegen nicht überzeugt: „ Alle Systeme, in denen man Wettbewerb im vornherein kaputt macht, waren nie von Erfolg gekrönt und am Ende teurer und schlechter. Ich kenne kein Beispiel, wo es in irgendeiner Form anders war. Was eine Einheitskasse bedeutet und wohin sie führt, konnten wir in der DDR beobachten." Man brauche sich nur innerhalb Europas umzuschauen, etwa in Dänemark.
Statt die grundlegende Systemfrage zu stellen sollten die Patientinnen und Patienten viel mehr in die Lage versetzt werden, bei ihrer Krankenversicherung wählen zu können. „Je mehr Patienten freiwillig entscheiden können, welche Form der Krankenversicherung sie gerne hätten, umso mehr wird der Wettbewerb beflügelt. Die Tatsache, dass es Patientinnen und Patienten gibt, die über die GKV hinaus
noch private Zusatzversicherungen für eine angenehmere Versorgung in
Krankenhäusern, für komfortablerer Lösungen in manchen Medizinbereichen – vor allem der Zahnheilkunde – wählen, zeigt doch, dass es hier Bedarf gibt. Die Wahlfreiheit öffnet den Markt und sorgt dafür, dass es Bewegung, Wettbewerb und vor allem Verbesserungspotenziale gibt. Davon profitieren am Ende alle Versicherten. Gibt man aber eine Zielgleicheit aus – alle müssen das gleiche haben –, dann werden wir es gleich schlecht haben, nicht unterschiedlich gut.“