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Warum Russlands "sexiest man" jetzt lieber nicht auf US-Tour geht

Er hasse es, seinen Fans diese Nachricht zu überbringen, erklärte Emin Agalarow auf Instagram, aber seine geplanten Konzerte in drei US-Metropolen müsse er leider verschieben. Als Grund nannte der Sänger aus Moskau „Umstände, die außerhalb meiner Kontrolle liegen". Er sei „gegen meinen Willen in diese Situation gebracht" worden.

Emin Agalawrow, 39 Jahre alt und in Russland sowie Nachbarstaaten für - bisweilen schwülstige - Popballaden bekannt, kann auch in den USA auf einige Fans zählen. Es wäre Agalarows Rückkehr gewesen, Konzerte in den USA hat er schon früher gespielt. Am Samstag hätte er in New York auftreten sollen. Die Auftritte seien nahezu ausverkauft gewesen, erklärte sein Sprecher noch vor wenigen Tagen. Meist besuchen Auswanderer aus der ehemaligen Sowjetunion und andere Russischsprachige Agalarows Konzerte im Ausland.

Es gibt allerdings auch einige Amerikaner, die Interesse an Agalarows Auftritt haben - und das nicht wegen dessen Musik.

Sonderermittler Robert Mueller und sein FBI-Team haben offenbar Gesprächsbedarf. Denn Agalarow spielt eine Rolle in den Russlandermittlungen um Präsident Donald Trump. Der Sänger, der als Student in den USA lebte, soll mitgeholfen haben, ein Treffen zwischen dem ältesten Sohn des US-Präsidenten, Donald Trump Junior, Schwiegersohn Jared Kushner und dem ehemaligen Wahlkampfchef Paul Manafort mit der russischen Anwältin Natalja Wesselnizkaja im US-Wahlkampf 2016 im New Yorker Trump-Tower arrangiert zu haben. Trump Junior soll vor dem Treffen kompromittierendes Material über die Konkurrentin seines Vaters, Hillary Clinton, versprochen worden sein. Agalarow selbst bestätigte später Kontakt zu Donald Trump Junior.

Sänger und Geschäftsmann: Emin Agalarow. Foto: Vyacheslav Prokofyev/imago/Itar-TASS Seit Jahren Kontakt zu Trump

Der 39-Jährige ist nicht nur Musiker, er war „Sexiest Man" in Russland und mehrere Jahre mit der Tochter des aserbaidschanischen Präsidenten verheiratet. Er ist auch Geschäftsmann - und pflegte in den vergangenen Jahren Beziehungen zu Donald Trump, als der noch nicht Präsident war.

Gemeinsam mit seinem Vater, Aras Agalarow, kontrolliert Sohn Emin ein milliardenschweres Immobilienimperium in Russlands Hauptstadt. Aras Agalarow gilt, nicht zuletzt wegen protziger Projekte, als russischer Trump. Die ursprünglich aus Aserbaidschan stammenden Familie unterhält gute Verbindungen zum Kreml. Staatliche Bauaufträge gingen in der Vergangenheit immer wieder an Agalarows Unternehmen, zuletzt etwa beim Stadionbau für die Fußball-WM im vergangenen Jahr.

Milliardär Aras Agalarow und Russlands Präsident Wladimir Putin. Foto: imago/Itar-TASS

Im Jahr 2013 richteten die Agalarows gemeinsam mit Trump den Schönheitswettbewerb „Miss Universe" in Moskau aus. In diesem Rahmen versuchten sie auch ein Treffen von Trump mit Präsident Wladimir Putin zu organisieren, das letzten Endes aber nicht zustande kam.

Der Kontakt zwischen den Agalarows und Trump aber blieb offensichtlich bestehen: Trump trat in einem Musikvideo von Popstar Emin auf. Gemeinsam planten die Immobilienentwickler ein Bauvorhaben in Moskau. Trump sollte offenbar an Moskaus Stadtrand bauen - ein weiteres Immobilienprojekt Trumps in Russland. Die Pläne kamen offenbar schon vor dem Wahlkampf zum Erliegen.

Es ist anzunehmen, dass die Ermittler keine Tickets für eines der Konzerte gekauft hätten, sondern den Gast aus Moskau gleich am Flughafen empfangen hätten. Diese Erfahrung haben bereits andere Nicht-Amerikaner gemacht, an denen die FBI-Beamten im Zuge ihrer Ermittlungen interessiert sind. Vor knapp einem Jahr stoppten sie etwa den russischen Oligarchen Viktor Wechselberg, als er mit seinem Privatjet in New York landete.

Freiwillig mit Ermittlern sprechen

Agalarows Anwalt, Scott Balber, erklärte, die Absage der kleinen Konzerttour sei auf Muellers Untersuchungen zurückzuführen. Sein Mandant, so der Anwalt, wäre „froh" mit den Ermittlern zu sprechen. Agalarow wollte allerdings freiwillig erscheinen, im Rahmen der Tour - nicht auf eine gerichtliche Vorladung hin, sagte Balber dem US-Sender CNN. „Er will seine Geschichte erzählen", sagte der Anwalt. Agalarow selbst hatte vor Wochen in einem Interview erklärt, er habe weder etwas zu verbergen, noch etwas Falsches getan.

Gespräche zwischen Muellers Team und Agalarow über eine mögliche Befragung soll es schon vor einigen Monaten gegeben haben. Verhandelt wurde offenbar im Vorfeld der Konzerte noch einmal intensiver. Die Gespräche seien in der vergangenen Woche jedoch gescheitert, erklärte Balber. Daraufhin habe man entschieden, die Tour abzubrechen. Muellers Büro äußerte sich dazu nicht.

Die Konzerte hätten neue Songs promoten sollen, darunter auch ein die Single „Got Me Good". Im dazugehörigen Musikvideo aus dem Sommer macht sich der Künstler über die Vorwürfe der Russlandaffäre lustig. Schauspieler spielen Ivanka Trump, Donald Trump und Hillary Clinton. Anspielungen auf Trumps kolportiertes (nicht jugendfreies) Treiben in einem Moskauer Hotelzimmer, kommen ebenfalls in dem Musikclip vor.

Er höre seinen Namen in den Nachrichten immer wieder „in den lächerlichsten und verrücktesten Szenarien", sagte Agalarow im Interview mit ABC News. Das habe ihn zu dem Video inspiriert. Fragen zu seiner Rolle in den Ermittlungen wich er aus.

Auf die Frage nach der Einmischung von Staaten in die Politik anderer Staaten, übrigens, hatte Agalarow im Jahr 2015, auf den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine angesprochen, folgende Meinung vertreten: „Jeder soll sich um seine eigenen Angelegenheiten kümmern."

Die Fans des Popstars bedauerten derweil die Absage ihres Idols größtenteils, aber nicht alle. Einer kommentierte auf Instagram: „Sehr clever - kein Interesse die halbe Zeit mit Muellers Team und den damit verbundenen Kopfschmerzen zu vebringen."

Ein anderer Fan kommentierte Agalrows Erklärung, der Grund für Absage liege außerhalb seiner Kontrolle mit den Worten: „In den USA sieht es danach aus, als ob du selbst dafür verantwortlich bist." Agalarow erwiderte darauf nur knapp: „Falscher Eindruck."


https://www.tagesspiegel.de/politik/emin-agalarow-und-donald-trump-warum-russlands-sexiest-man-jetzt-lieber-nicht-auf-us-tour-geht/23896324.html

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