Der Roman von Lea Draegers erzählt von vererbten Traumata, patriarchaler Gewalt. Auch die Psychiatrie-Erfahrungen einer 13-Jährigen sind Thema.
Als die 13-jährige Hauptfigur in Lea Draegers Debütroman „Wenn ich euch verraten könnte" schwer magersüchtig in der Psychiatrie landet, arbeitet sie sich entgegen dem gängigen Klischee nicht an der Mutter ab, sondern nimmt die Männer ihrer Familie ins Visier. In einem Notizbuch schildert sie in vielen kleinen Episoden, wie die Gewalt des Urgroßvaters und des Großvaters das Leben der Frauen in ihrer Familie prägt - zunächst in Tschechien, später in Deutschland, wohin die Familie infolge der Niederschlagung des Prager Frühlings emigriert. Doch die Traumata der Eltern- und Großelterngeneration ziehen mit; sie prägen unterschwellig die vordergründig heile Welt der Reihenhaussiedlung der 1990er Jahre, in der die Ich-Erzählerin aufwächst.
Die Trigger-Warnung zu Beginn des Buches macht klar: Es geht um schweren patriarchalen Machtmissbrauch, und dieser wird auch in all seiner Brutalität erzählt. Trotzdem handelt es sich um ein hoffnungsvolles Buch. Momente der Grausamkeit und Momente der Zartheit fügen sich ineinander und legen nach und nach das patriarchale Gefüge offen, aus dem sich die Ich-Erzählerin befreien will. In einem Kreuzberger Café spricht Lea Draeger darüber, wie sie zum Schreiben gekommen ist, und über die Rolle der Frauen im Patriarchat.