Voll, laut, stickig - jeder Berliner versucht, so wenig Zeit wie möglich in der U-Bahn zu verbringen. Ganz anders der Brite Adham Fisher: Er hat er alle 173 U-Bahn-Stationen Berlins besucht - in Rekordzeit. Für New York hält er bereits den Weltrekord.
Von Nina Klippel
Adham Fishers Blick springt hektisch zwischen seiner weißen Armbanduhr und dem U-Bahn-Plan. Er nimmt sein Notizbuch und schreibt die Ankunftszeit auf: 13:03 Uhr, Schlesisches Tor. Die U1 fährt los. Abfahrtszeit: 13:04 Uhr. Dazu ein "Beweisfoto" aus dem Abteil. Der Brite Fisher will alle 173 U-Bahn-Stationen in Berlin besuchen - so schnell wie noch keiner vor ihm. Dafür rechnet er mit möglichen Verspätungen, überlegt sich genau, in welchem Abteil er sein muss, damit er am schnellsten umsteigen kann.
Seinen Rekordversuch in Berlin nimmt der junge Mann aus Leicester ziemlich ernst. Er hat ein recht großes Geheimnis um seine Aktion gemacht. Seinen Startpunkt und seine Route etwa wollte er nicht verraten. Seine größte Angst: "Wenn ich meine Informationen preisgebe, dann kann mich jemand schlagen. Und das will ich nicht zulassen." Nach der U1-Strecke durfte ihn auch kein Journalist mehr begleiten - jeder ist für Fisher ein potenzieller Konkurrent.
Kaum Tageslicht
Fünf Tage war Fisher vor seinem Rekordversuch in Berlin - um zu üben. Viel Tageslicht hat er dabei nicht gesehen. "Ich war eigentlich nur in den öffentlichen Verkehrsmitteln. Ich habe nur das Brandenburger Tor gesehen. Dort war ich zur Recherche und musste auf Toilette - da musste ich dann am Brandenburger Tor vorbei."
Für das Abfahren aller Stationen im New Yorker U-Bahn-Netz steht Fisher im Guinness-Buch der Rekorde. Die Aktion in Berlin istallerdings kein offizieller Rekord. Das Abfahren der Berliner U-Bahn-Höfe ist für Fisher, der normalerweise auf einem Campingplatz arbeitet, nur ein Hobby. Ein ziemlich außergewöhnliches noch dazu.
Sportliche Herausforderung
Fragt man ihn, warum er das macht, vergleicht er sich mit dem Extremsportler Felix Baumgartner - bekannt durch seinen Stratosphärensprung aus 39.000 Metern. "Bei Baumgartner finden es alle gut, obwohl ich nicht verstehe, was er da macht. Er macht das eben, weil er es will. Und ich mache eben das, was ich mache."
Fisher war mit Sportschuhen und kurzer Laufhose richtig ausgestattet - beim Umsteigen kam er ziemlich ins Schwitzen. Außer der U-Bahn durfte Fisher auch Straßenbahnen, Busse und S-Bahnen benutzen. Und natürlich rennen. Einige Bahnwechsel waren ziemlich stressig. Seinen Zeitplan konnte Fisher nicht ganz einhalten.
Acht Stunden U-Bahn
Mit vielen Leuten spricht Fisher in der U-Bahn nicht. Manche lachen, viele schütteln den Kopf, wenn er im letzten Moment keuchend in den U-Bahn-Waggon springt. Fisher beschreibt die Reaktionen als "generelle Verwirrung". Während der U-Bahn-Aktion ist Fisher voll konzentriert, isst nicht, geht nicht einmal auf eine Toilette. Seine Fahrkarte wird erst kontrolliert, als er schon fertig ist.Nach 8 Stunden, 2 Minuten und 56 Sekunden hat Fisher es geschafft: Er hat alle U-Bahnen-Stationen in Berlin abgefahren.Wegen der Zeit sei er "persönlich etwas enttäuscht": "Ich hätte das noch viel schneller gekonnt". Aber: "Zumindest war ich an jeder U-Bahn-Station in Berlin. Ich frage mich, wie viele Berliner das von sich behaupten können."
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