Niklas Willma

Freier Journalist, Neumünster

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Von der Höhle der Löwen nach Neumünster: Start-ups präsentieren Produkte der Zukunft im KIN | SHZ

Simon Debade (Mitte) freute sich über den Sieg bei der Startup-X-Change im KIN-Lebensmittelinstitut in Neumünster. FOTO: NIKLAS WILLMA

„Berta“ der vegane Käse, Saft aus Cashewäpfeln und vieles mehr wurden bei der Startup-X-Change im KIN-Lebensmittelinstitut in Neumünster vorgestellt. Diese Produkte finden Sie vielleicht bald im Supermarktregal.

Bei „Die Höhle der Löwen“ sei er schon zu Gast gewesen, erzählt Simon Debade freudig. Zwar habe sein Unternehmen „Akoua” von keinem der Löwen ein Angebot bekommen, aber nach der TV-Sendung war trotzdem sein ganzer Vorrat ausverkauft. Der ursprünglich aus Benin stammende Gründer will mit Saft aus Cashewäpfeln groß durchstarten. Die KIN Startup-X-Change, ein Wettbewerb mit verschiedenen Gründern, gewann er damit vor vielen Besuchern aus der Lebensmittelbranche. Der Preis ist mit 3000 Euro dotiert.

„Cashews sind nur ein kleiner Teil der eigentlichen Frucht des Baumes“, erzählt der Informatiker aus Ratingen nun dem fachkundigen Publikum in Neumünster.
Die Cashewäpfel, an denen die Nüsse wachsen, würden bei der Ernte einfach entsorgt, weil sie nicht lange haltbar sind. Außerdem seien Cashews und die Äpfel Saisonware, die nur von Januar bis März geerntet werde. „Eine Analyse direkt hier beim KIN hat ergeben, dass dieser Saft fünfmal mehr Vitamine als einfacher Orangensaft enthält”, erklärt er.

Millionen Tonnen Cashewäpfel werden im Jahr entsorgt

Dazu schmecke das Produkt ähnlich wie Apfelsaft. Nach eigenen Angaben würden jedes Jahr zwei Millionen Tonnen der Saisonfrucht entsorgt. „Das ist eine große Verschwendung“, befindet Debade. „Daraus könnte man eine Milliarde Liter Saft herstellen“, sagt er. Ebenfalls im Vordergrund steht bei seinem Produkt die „Hilfe zur Selbsthilfe“, wie er selbst mehrfach sagt. Denn neben der Ernte findet auch der erste Produktionsschritt in Benin statt. Das erhöhe den Umsatz der Bauern, zumeist übrigens Frauen, um bis zu 30 Prozent. Dieses Gesamtpaket kam beim Publikum gut an, denn das Projekt „Akoua“ erntete lautstarken Applaus.

Ohne lange Importwege: Käse aus Sonnenblumenkernen

Nicht weniger begeistert hatte die Jury der Vorstellung von Natalie Krakowski gelauscht. Gemeinsam mit Siecka Reichel, einer langjährigen Freundin, hat sie das Unternehmen „Caesekrake“ gegründet. Ein möglichst authentisches Käseprodukt herzustellen, das sei die Mission der Firma aus Kiel. Und zwar nicht aus Soja oder Fetten – sondern aus Sonnenblumenkernen. Das sei besonders klimafreundlich, weil es keine langen Importwege gibt. „Der Herstellungsprozess ist zwar ein bisschen kompliziert“, sagt Krakowski. „Aber am Ende ist es nicht großartig anders als herkömmlichen Käse herzustellen.“ Ihre veganen Frischkäseversionen „Wilhelm“ und „Martha“ seien bereits im Handel und kämen bei den Kunden gut an. Auch im NDR waren die beiden Gründerinnen schon zu sehen.


Bald im Kühlregal: „Berta“, der Camembert

„Wenn das so weitergeht, können wir bis Jahresende alle Fixkosten decken“, führt sie aus. Hörbar begeistert war das Publikum bei der Vorstellung von „Berta“, dem veganen Camembert. „Berta gesellt sich wahrscheinlich schon bald zu ,Wilhelm‘ und ,Martha‘ ins Kühlregal“, stellt sie in Aussicht. Ihr größter Wunsch, sagt sie, seien große Reifekammern wie zum Beispiel beim herkömmlichen Parmesan. „Jeder Käse kann nachgebaut werden“, gibt sie als ihr Ziel aus. Mit ihrem Unternehmen belegten Krakowski und Reichel, die selbst nicht anwesend war, den zweiten Platz und erhielten einen 800-Euro-Gutschein für das KIN. Damit können sie im Institut ihre neuen Produkte testen lassen.


Auch das Thema Digitalisierung wurde bei dem Wettbewerb prämiert. Mit dem Motto „Can a Byte improve our Bite?” („Kann ein Byte unser Essen verbessern?”) trat das Projekt „Metadine“ an. Die vier Lübecker wollen eine umfangreiche Datenbank aufbauen, in der möglichst viele Lebensmittel möglichst detailreich in ihre Inhaltsstoffe aufgeschlüsselt werden. „Das wird am Ende eher für Unternehmen nützlich sein“, sagten sie.


Drink aus Mohnmilch soll beruhigen

Ebenfalls dabei waren Pedro Englert und Svetlana Vasylishyna, die einen beruhigenden Drink aus Mohnmilch präsentierten. Mohnmilch sei ein unbeachtetes Superfood, sagen sie. Die Maschine, mit der die Flüssigkeit aus Mohnsamen extrahiert wird, haben sie selbst entwickelt. Das Produkt „Relax“ gibt es schon zu kaufen – bisher allerdings nur online.


Christian Wiechmann, Leiter des Instituts, war sichtlich stolz auf den Andrang beim Wettbewerb. “Wir haben hier schon so ein bisschen die Höhle der Löwen nachgespielt”, sagte er. „Die Chancen stehen gut, dass wir die Veranstaltung wiederholen.”


Übrigens: Der Abschlussjahrgang des KIN hat ebenfalls Produkte entwickelt, die beim Publikum gut ankamen. So entwickelten die Teams unter anderem einen vielfach verformbaren veganen Bratling oder ein ebenfalls veganes Matjesfilet. Anke Ben-Sabeur vom KIN hatte gleich mehrere Lieblinge unter den Neuentwicklungen. Darunter war auch das drittplatzierte Produkt: ein Ketchup auf Pilzbasis.
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