Wer sich für einen Job in Schottland interessiert, der liest
besser das Kleingedruckte in den hiesigen Arbeitsverträgen. Alles halb so
wild, sagt Anwalt Michael Laux von der Kanzlei Vetter Laux in München. Mit ihm
sprachen wir darüber, warum
schottische Arbeitsverträge so unglaublich lang sind, wie sich leicht ein paar Extra-Urlaubstage aushandeln
lassen und warum die Schotten den Weg zum Arbeitsgericht vermeiden.
Herr Laux, worauf sollten deutsche Arbeitnehmer bei ihrer Anstellung in Schottland achten ?
Zunächst muss klar sein, ob schottisches oder deutsches Recht gilt. Wenn Sie von Ihrem deutschen Arbeitgeber nur für eine befristete Zeit nach Schottland entsandt werden, passiert das auf der Basis Ihres deutschen Arbeitsvertrags. Wenn Sie aber beispielsweise von der schottischen Tochtergesellschaft einer deutschen Firma angestellt werden, bekommen Sie aller Wahrscheinlichkeit nach einen schottischen Vertrag. Wer
Was ist vorteilhafter ?
Das kann man pauschal nicht sagen. In Deutschland gibt es ein besonders starkes Kündigungsschutzrecht. In Großbritannien spielen Antidiskriminierungs-Klauseln in den Verträgen eine größere Rolle. Sie sollen vor Nachteilen wegen des Alters, Geschlechts oder der Religionszugehörigkeit schützen. Bei uns sind diese Dinge allerdings teilweise gesetzlich geregelt. Die Inhalte sind auch sonst ähnlich: Es geht um Lohn- und Urlaubsansprüche, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Überstundenregelungen.
Welche Vertragsklauseln sollte man besonders gründlich lesen ?
Es kommt vor, dass die gesetzlichen Feiertage, die „bank holidays“ mit in den Urlaubsanspruch hineingerechnet werden. Darauf müssen Sie achten. Das bedeutet sonst bei einem Mindesturlaubsanspruch von 28 Tagen in UK und durchschnittlich 8 „bank holidays“ im Jahr, dass Sie nur 20 Tage zur freien Verfügung haben. Die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ist ein weiteres Thema. In Deutschland bekommen Sie im Krankheitsfall sechs Wochen lang weiter Gehalt. In Schottland ist das nicht selbstverständlich. Das sollte ausdrücklich in den Vertrag hineingeschrieben werden. Als Maßstab würde ich die deutsche Regelung empfehlen.
Sie sprachen auch den Kündigungsschutz an ...
... der ja in Deutschland sehr arbeitnehmerfreundlich ist. Bei einem schottischen Vertrag würde ich immer darauf achten, dass die Kündigungsfristen nicht zu kurz sind und für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen gelten. Manchmal fordert der Arbeitgeber für sich eine längere Kündigungsfrist, als er dem Arbeitnehmer zubilligt. Das bedeutet, dass der Arbeitnehmer unter Umständen länger an das Unternehmen gebunden ist, als ihm lieb ist und gleichzeitig dem Risiko von „Hire and Fire“ ausgesetzt ist, weil der Arbeitgeber seinerseits jederzeit kurzfristig kündigen kann.
In Großbritannien werden in den Arbeitsverträgen meist Jahresgehälter angegeben und nicht Monatsgehälter wie in Deutschland ...
Das stimmt. Ich würde dazu raten, lieber Monatsgehälter als ein Jahresgehalt im Vertrag zu regeln. Da man selbst ja auch monatlich seine Miete, Strom und andere laufende Ausgaben bezahlen muss, gibt das einfach mehr Sicherheit wenn klipp und klar im Vertrag steht, was man pro Monat verdient.
Droht eigentlich ein Nachteil bei der Sozialversicherung, wenn man im Ausland wie beispielsweise in Schottland arbeitet ?
Die Beschäftigung im Ausland wird für die Sozialversicherung im Heimatland anerkannt. Dazu gibt es EU-weite Vereinbarungen. Einen Nachteil kann ich daher nicht erkennen.
Wo sehen Sie die größten Unterschiede zwischen deutschem und schottischem Arbeitsrecht ?
Da fallen mir vor allem arbeitsrechtliche Streitigkeiten ein. Arbeitsgerichtsprozesse in Deutschland enden meist damit, dass der Arbeitnehmer seinen Job verliert und dafür eine Abfindung bekommt. In Schottland geht es in erster Linie darum, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine einvernehmliche Lösung finden und das Arbeitsverhältnis fortgesetzt werden kann. Das ist übrigens auch ein Grund, warum die schottischen Arbeitsverträge so lang sind ....
Das müssen Sie erklären. ...
Um das Arbeitsverhältnis zu erhalten, wird zunächst versucht, einen Konflikt ganz ohne Arbeitsgericht zu lösen. Dazu gibt es eine besondere Form des betriebsinternen Beschwerde-Verfahrens. Die Abläufe dafür werden sehr detailliert in vielen Einzelregelungen in den schottischen Arbeitsverträgen festgeschrieben. Das macht sie viel umfangreicher als wir das aus Deutschland kennen. Das kann im ersten Moment für einige Verunsicherung sorgen.
Gibt es Mechanismen, Konflikte von vornherein zu vermeiden ?
Speziell für nicht-schottische Arbeitnehmer ist mir keine Institution bekannt. Allerdings kann sich jeder Arbeitnehmer an die ACAS-Stelle wenden. ACAS steht für Advisory, Conciliation and Arbitration Service. Es handelt sich um eine unabhängige Einrichtung, die bei arbeitsrechtlichen Problemen hilft. ACAS bietet beispielsweise eine Mediation an und ist auch Schlichtungsstelle. Die Schlichtersprüche sind allerdings nicht verbindlich.
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Michael Laux hat mehrere Jahre als Anwalt in Schottland gearbeitet. Er besitzt die Zulassung zum schottischen solicitor. Laux ist stellvertretender Vorsitzender der Deutsch-Schottischen Juristen- und Wirtschaftsvereinigung DSJUV.
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