Jedes Leben beginnt mit der Plazenta. Doch sobald ein Baby geboren ist, wird die Nachgeburt Nebensache. Nicht so im Placenta-Labor in Jena: Jana Pastuschek hat hier gelernt, nach der Geburt auch die Plazenta am Leben zu erhalten.
Von Nelly Ritz
Bei ihrer dritten Geburt, sagt Jana Pastuschek, freute sie sich mindestens genauso auf die Plazenta wie auf ihr Baby. "Ich wollte sehen, wie sie aussieht, wie groß und schwer sie ist. Ich wollte wissen, wie sie riecht." Sie hatte einen Plan, was mit dieser Plazenta geschehen sollte.
Die Plazenta - auch Mutterkuchen oder Nachgeburt genannt - bildet sich während der Schwangerschaft. Sie versorgt das Ungeborene mit Nährstoffen und schützt es vor Krankheiten. Bei der Geburt folgt die 500 Gramm schwere Plazenta dem Kind nach. Schließlich stirbt sie ab.
Von Bräuchen zur Forschung
An vielen Orten dieser Welt wird das Organ nach der Geburt begraben - ähnlich einer Bestattung. Im thüringischen Jena dagegen war es lange Brauch, die Plazenta in fließendes Wasser zu werfen. Heute wird sie im Jenaer Uniklinikum am Leben erhalten - mit einer Methode namens Plazentaperfusion.
Bei der Plazentaperfusion werden zwei Blutkreisläufe simuliert, die durch die Plazenta strömen: der mütterliche und der des Kindes. So können Wissenschaftler:innen etwa testen, ob Giftstoffe oder Arzneimittel die Plazenta überwinden und von der Mutter aufs Kind übergehen. Weltweit gibt es nur rund ein Dutzend Forschungsteams, die diese Forschungstechnik anwenden - und damit auch nur wenige Personen, die wissen, wie man perfundiert. Eine von ihnen ist Jana Pastuschek. Sie sagt: "Mindestens einmal pro Woche möchte ich eine Plazenta in der Hand halten."
Pastuschek ist eine zierliche Frau, die leise redet. Nach dem Abitur studierte sie Biologie. Während sie ihre Diplomarbeit schrieb, wurde Pastuschek schwanger. Damals wuchs zum ersten Mal eine Plazenta in ihr heran.