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Nach Eintracht-Sieg: Randale in Rom - Wiesbadener Kurier

ROM - Beim Spiel der Frankfurter Eintracht bei Lazio Rom ging es sportlich um nichts mehr. Trotz einer ansprechenden Leistung der Mannschaft auf dem Platz und dem historischen 2:1-Sieg in der Europa League geriet das, was auf dem Platz geschah, am Donnerstagabend in Italiens Haupstadt völlig in den Hintergrund.


Schon vor und während der Partie flogen aus dem Block des Anhangs des hessischen Fußballbundesligisten Bengalos und Böller über den Zaun auf Polizisten und Sicherheitsleute. Ein vermummter Chaot kletterte in der zweiten Halbzeit gar über die Absperrung und warf brennende Pyrotechnik in eine Gruppe römischer Fans. Er wurde gefasst und von der Polizei abgeführt. Die Stimmung im Stadion drohte zu kippen.

Insgesamt 14 deutsche Fans seien festgenommen oder angezeigt worden und hätten ein Stadionverbot für fünf Jahre bekommen, teilte die Polizei am Freitag mit. „Eine kleine Gruppe hat das Spiel missbraucht, um ihre private Auseinandersetzung mit Lazio Rom zu führen", kritisierte Axel Hellmann. Der Eintracht-Vorstand rechnet mit einer Strafe durch den Europaverband UEFA. „Diese kleine Gruppe nimmt alle anderen Fans in Sippenhaft, was die Wahrnehmung und Stimmung betrifft. Das schadet Eintracht Frankfurt extrem." Auch Kapitän Marco Russ war entrüstet: "Im Endeffekt werden nicht die handelnden Personen bestraft, sondern der Verein und 99,8 Prozent der anderen Fans."


Spieler kommen kaum zu Fans durch


Die Mehrheit des Anhangs wandte sich gegen die sogenannten „Fans" und distanzierte sich lautstark von ihnen. Dem Vernehmen nach waren die Unruhestifter Anhänger des italienischen Klubs Atalanta Bergamo, zu denen die SGE-Fans eigentlich eine enge Fanfreundschaft führen.


Nach Abpfiff kamen die Spieler der Eintracht kaum zu den Fans durch, um ihren Sieg zu feiern - so viele Einsatzkräfte standen in mehreren Reihen vor dem Frankfurter Block. Es dauerte fast eine Stunde bis die mitgereisten Eintracht-Fans das Stadion verlassen durften. Die Angst war groß, dass die Ultras von Lazio vor dem Stadion auf sie lauerten und die Lage vollends außer Kontrolle gerät. Die Nachrichtenagentur Ansa berichtete, dass zwei deutsche Fans nach dem Spiel von Lazio-Anhängern verprügelt worden seien und im Krankenhaus behandelt werden mussten.


Polizeihubschrauber über der „ewigen Stadt"


Allerdings war es dennoch alles andere als eine ruhige Nacht in der „ewigen Stadt" Rom. In der Innenstadt wurden von der Polizei weite Teile abgeriegelt. Überall ertönten Siren, mehrere Polizeihubschrauber kreisten über der City. Es fuhren zwischenzeitlich weder U-Bahnen noch Busse. Und in den Bussen die fuhren, kam es teilweise auch zu unschönen Szenen. Ein Fan berichtete, dass erneut Bergamo-Anhänger Scheiben von Bussen einwarfen. Eine Gruppe von Fans wurde überfallen und ausgeraubt.

In einem Supermarkt stahlen mehrere Fans Alkohol und Lebensmittel. Bilder zeigten zudem eine vermüllte Piazza del Popolo im Zentrum der Stadt. Allerdings betonte die Polizei am Tag nach dem Spiel, dass Berichte von „Rom unter Belagerung", „Gewalt" und „Plünderungen" übertrieben seien und nicht der Realität entsprächen. Die Behörde kritisierte „ungerechtfertigten und unnötigen Alarmismus".


Roms Bürgermeisterin Virginia Raggi indes erhob schwere Vorwürfe gegen Randalierer. „Hooligans aus Deutschland haben heute Abend im Grunde Teile unserer Stadt geplündert und verwüstet", klagte Raggi am Donnerstagabend in einer italienischen Talkshow. „Fans wollen wir, Bestien nicht."


Die Frankfurter Fanszene geriet zudem untereinander in Streit. Viele Ultras stellten sich gegen die Krawallmacher. „Ich habe eine richtige Wut. Zwei Tage lang geht alles gut, alles ist friedlich. Und dann drehen ein paar am Rad und machen alles kaputt", ärgerte sich ein Eintracht-Anhänger. Damit die Fans trotz allem sicher in ihre Hotels kamen, warteten hunderte von ihnen am Hauptbahnhof, bis auch der letzte Bus vom Olympiastadion dort ankam. Dann ging man in größtmöglichen Gruppen in die jeweiligen Unterkünfte.

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